Pyrrhussieg der Union

Gericht schließt die Klimakasse der Ampel

von Lothar Leuschen​

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Pyrrhussieg der Union
 
Gericht schließt die Klimakasse der Ampel
 
Von Lothar Leuschen
 
Das Verfahren der Bundesregierung ist nicht rechtens gewesen. Es verstößt gegen die Schuldenbremse, nicht benötigte, aber zweckgebundene Mittel für andere Ausgaben zu verwenden. So hat es das Bundesverfassungsgericht am Mittwoch entschieden. Die Richter gaben damit einer Klage der Unionsfraktion recht. Es widerspricht demnach dem Grundgesetz, Schulden im Vorgriff auf kommende Krisen anzuhäufen. Genau dagegen soll die Bremse wirken, die in der Verfassung Deutschlands verankert worden ist. In einer ersten Reaktion bejubelt Jens Spahn (CDU) das Urteil mit dem Hinweis darauf, daß die aktuelle Bundesregierung auf einem „Verfassungsbruch errichtet“ worden sei. Und aus der Sicht eines Oppositionspolitikers ist diese Lesart des Urteils noch nicht einmal ganz falsch.

Dennoch kann sich der erwartbare Erfolg der Union vor dem Bundesverfassungsgericht als Pyrrhussieg erweisen, als ein Triumph, der in Wahrheit eine Niederlage ist. Denn mit den 60 Milliarden Euro, die der Finanzminister mit Hilfe der Bundestagsmehrheit vom Kampf gegen die Folgen von Corona auf den Kampf gegen die Folgen des Klimawandels umgebucht hat, sollten in den nächsten Jahren Ausgaben und Projekte finanziert werden, an denen der Staat ohnehin nicht vorbeikommen wird. Das gilt vor allem für die Sanierung des Schienennetzes, für den Umbau der Wirtschaft hin zur Klimaneutralität, für den Ausbau der Elektromobilität. Nun stellt sich der Bundesregierung die Frage, wie das alles bezahlt werden soll.

Aus der Antwort darauf kann sich aber auch die Opposition nicht stehlen. Erstens war die Union über viele Jahre federführend daran beteiligt, daß notwendige Ausgaben und Reformen ausgeblieben sind, und zweitens wird die Politik insgesamt zunehmend daran gemessen werden, daß sie eine ebenso funktionierende wie gerechte Gesellschaft organisiert. Damit stellt sich auch CDU und CSU die Aufgabe, Investitionen in die Zukunft zu finanzieren. Im Licht der notwendigen neuen Diskussion über die Schuldenbremse, die Wirtschaftsexperten bereits führen, wird der Sieg in Karlsruhe verblassen.
 
Der Kommentar erschien am 16. November in der Westdeutschen Zeitung.
Übernahme des Textes mit freundlicher Erlaubnis des Autors.