Mehr oder weniger Doping
Doping nennt man die unerlaubte Einnahme von Substanzen, die der Steigerung der Leistung eines Sportlers dienen, und am häufigsten gehört davon hat man in letzter Zeit, als es um die Radfahrer bei der Tour de France oder um das hochgradig organisierte Staatsdoping in Russland ging. Doping ist leider nicht neu, sondern gehört seit Jahrzehnten zu den natürlich längst vielfach kommerziellen Sportereignissen, vor allem den Olympischen Spielen, die es in der modernen Zeit seit 1895 gibt. Das Wort Doping stand damals schon in einem Lexikon, das 1889 mit diesem Begriff über die verwerfliche Gabe von Opium oder Narkotika an englische Rennpferde informierte. Doping von Pferden stellt heute einen juristisch festgelegten Straftatbestand dar, Doping von Menschen ruft hingegen bestenfalls Empörung und manchmal nur Verwunderung hervor. Inzwischen ist zum Beispiel bekannt, daß Sportlerinnen und Sportler in den Jahren der DDR systematisch gedopt wurden, um zum Ruhme des sozialistischen Staates Goldmedaillen zu gewinnen, und zwar ohne das Wissen der Athleten, und heute tauschen russische Funktionäre einfach mal die Proben aus, wenn es sein muß und während die Verbände zusehen. Während die Gedopten an den Spätfolgen leiden und damit rechnen müssen, als Dopingopfer früher zu sterben als Menschen mit drogenfrei gebliebenen Körpern, setzt Russland die verbotenen Mittel flächendeckend und unter dem Schutz des Staates ein. Das IOC schaut dabei gerne weg, um nur ja die ertragreichen Abläufe der internationalen Sportveranstaltungen und die Fernsehverträge nicht zu gefährden. Soll man Dopingsünder so streng wie möglich bestrafen und aus dem Verkehr ziehen? In den Augen des Verfassers sollte man das Gegenteil tun und das Problem durch die Freigabe aller Mittel lösen. Früher tobte der Kampf zwischen Amateuren und Profis, die nicht gegeneinander antreten sollten, bis man an den zuständigen Stellen merkte, daß niemand wissen konnte, wer was war und wie viel Geld bekam, und außerdem wollte und will das zahlende Publikum große Leistungen sehen, egal, wie die zustande kommen, ob mit oder ohne die kleinen blauen Pillen oder Bluttransfusionen. Wer Erster im Sport werden will, muß selbst wissen, was er dafür einsetzt und was er riskieren möchte. Beim Fußball den Kopf, der leicht erschüttert wird, und beim Laufen etwas anderes. Wer Athleten zujubeln und sie siegen sehen will, sollte ihnen etwas anbieten, aber nichts verbieten.
© Ernst Peter Fischer
Wiedergabe in den Musenblättern aus „Wahrheit im Widerspruch“ mit freundlicher Erlaubnis des Autors.
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