Der Zauberlehrling

Söder will Neuwahlen im Juni 2024

von Lothar Leuschen​

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Der Zauberlehrling
 
Söder will Neuwahlen im Juni 2024
 
Von Lothar Leuschen
 
Das Auftreten und die Zwischenbilanz der Bundesregierung sind Wasser auf die Mühlen von Markus Söder. Der Ministerpräsident von Bayern hat mittlerweile eine so tiefe Abneigung gegen die Grünen entwickelt und zumindest in Bayern auch die FDP schon abgearbeitet, daß er das Heil der Republik in einer Neuauflage der Großen Koalition abermals unter Führung von CDU und CSU sieht. Daß er für den vorzeitigen Urnengang das Datum der Europawahl im Juni nächsten Jahres vorschlägt, ist taktisch klug. Wenn ohnehin gewählt wird, machen ein paar weitere Zettel auf der Kostenseite nicht sehr viel aus. Tatsächlich entsteht jeden Tag neu der Eindruck, daß der sogenannten Ampelregierung die Energie ausgeht. Die Grünen konnten am Wochenende allein dank Robert Habeck und Annalena Baerbock ihre Parteijugend gerade noch vom Austrittskurs ablenken. Und auch in der FDP rumort es immer mehr. In Teilen der ohnehin nicht breiten Parteibasis mehren sich die Stimmen jener, die lieber nicht mehr als weiter falsch mitregieren wollen. Für sie ist vor allem der Pakt mit den Grünen längst gescheitert. Allein die SPD hält anscheinend um jeden Preis an der „Ampel“ fest. Schließlich weiß sie aus ihrer eigenen Vergangenheit, was ihr drohen kann, wenn sie wieder eine Große Koalition mit der Union wagt. Der Schrumpfungsprozeß der deutschen Sozialdemokratie ist längst noch nicht gestoppt.

Aber auch für CDU und CSU sind die Aussichten auf eine Regierungsbeteiligung derzeit äußerst getrübt. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts gegen den Haushaltsplan der Bundesregierung gilt auch für jene, die es angestrengt haben. Darauf hat CDU-Chef Friedrich Merz selbst kurz nach dem Richterspruch bereits hingewiesen. Einen wie Söder ficht das allerdings nicht an. Er nutzt wie üblich alle Gelegenheiten, von seinen eigenen Sorgen abzulenken, die in Hubert Aiwanger sogar einen Namen tragen. So scheint es nun, als wolle sich der Zauberlehrling aus Bayern unbedingt mit den Geistern plagen, die CDU und CSU mit der Klage gegen den Haushalt selbst gerufen haben. Aber das kann bei Markus Söder übermorgen auch schon wieder ganz anders klingen.
 
 
Der Kommentar erschien am 28. November in der Westdeutschen Zeitung.
Übernahme des Textes mit freundlicher Erlaubnis des Autors.