Alles, was sie über Musik nicht wissen

Harald Asel - "Wer schrieb Beethovens Zehnte?"

von Frank Becker
Von Taktstöcken und (den) Bachen

Ich weiß eine Menge nicht über Musik. Harald Asel weiß mehr, viel mehr. Das hat er aufgeschrieben, bei Eichborn zwischen zwei Buchdeckel binden lassen, und nun bringt der rührige Verlag es unter die Leute. Ich bin einer davon und freue mich redlich darüber, daß hier und jetzt endlich eklatant klaffende Lücken gestopft werden. Dieses Buch fehlte mir genau! Nachdem Eichborn mir schon mit entsprechenden Krücken zu den Themen Kunst ("Wem hat van Gogh sein Ohr geschenkt? - Alles was Sie über Kunst nicht wissen") und Literatur ("Was geschah mit Schillers Schädel? - Alles was Sie über Literatur nicht wissen") weitergeholfen hat, war eine Entsprechung zur Musik nahezu (über)fällig.

Natürlich habe ich zunächst nach Beethovens plakatierter Zehnter gesucht, obwohl ich die Antwort eigentlich kannte: Peter Ustinov war es 1983 mit seinem Theaterstück "Beethovens Tenth" (ha, das wußte Asel nicht!). Konrad Beikircher setzt übrigens jetzt auch an. Nachdem er seine Rheinische Neunte dem tauben Meister gewidmet hatte und mittlerweile die Zehnte vor der Brust hat, ist klar: das wird die Vollendung! Aber mal im Ernst: Harald Asel läßt keinen Zweifel daran und geht auch der ewigen musikalischen Gerüchteküche nicht auf den Leim: es gibt keine Zehnte, nicht mal eine Ahnung von einem Fragment oder Entwurf. Nur Roman- und Theaterstoff zum Amüsieren. Alles, was sich um Beethovens Erben und Epigonen rankt, hat Asel aber sorgfältig recherchiert und dokumentiert. Das tat er auch mit der verzweigten Musikerfamilie Bach, Ravels Bolero siehe auch: Kopulationsmusik, der Geschichte der Thomas-Kantoren, mit Orpheus, der Orgel, der Königin der Instrumente und mit den Goldberg-Variationen. Unter anderem.

Harald Asels Buch ist stich- und prüffest. Seine sachlich fundierten, nichtsdestoweniger unterhaltsam zu lesenden Kapitel decken zwar nicht alles ab, was ich über Musik nicht weiß - wie auch? -, doch sie vermitteln mir so viel neues Wissen, daß ich gestärkt aus jeder Lektüre hervorgehe. Nun weiß ich auch, wer alles die Musik-Alternativen zum Nobelpreis bekommen hat: den Ernst von Siemens Musikpreis (200.000,- €), den Praemium Imperiale (derzeit 101.000,- €) und den Polar Music Prize (rund 110.000 €). Merksprüche für Musikschüler, berühmte Geigen berühmter Virtuosen, die Entdeckung der Langsamkeit durch John Cage und wann welches Opernhaus spektakulär abgebrannt ist - alles drin. Nur: "La Fenice" ist nicht aus Versehen bei Renovierungsarbeiten niedergebrannt: das war Brandstiftung durch betrügerische Handwerker, die nicht auffliegen wollten. Sind sie aber doch. Und "La Fenice" beherbergt wieder die schönsten Opern der Literatur und die schönsten Stimmen. Daß der Taktstock übrigens nicht immer schon einer war, ist nicht uninteressant. Nachlesen!
   
Beispielbild

Harald Asel
Wer schrieb Beethovens Zehnte?

Alles was sie über Musik nicht wissen

© 2008 Eichborn Berlin

280 Seiten, geb., Schutzumschlag,
Namens-Index
19,95 €

Weitere Informationen unter:
www.eichborn.de