Auf die Basis ist Verlaß

Die FDP bleibt in der Bundesregierung

von Lothar Leuschen​

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Auf die Basis ist Verlaß
 
Die FDP bleibt in der Bundesregierung
 
Von Lothar Leuschen
 
Sollte Christian Lindner sich Sorgen gemacht haben, dann unbegründet. Denn auf seine Parteibasis kann der Vorsitzende der FDP sich verlassen. Wenn auch knapp und wenn auch nur jedes dritte Mitglied der Liberalen mitgemacht hat, so ergab die Befragung doch ein eindeutiges Ergebnis. Die Liberalen bleiben Teil der Bundesregierung, gut 52 Prozent wollen das so. Das Votum zeigt, daß die Mehrheit an der FDP-Basis ein sehr feines politisches Gespür hat. Denn selbstverständlich spricht eigentlich alles dafür, dass Lindner und seine Parteikollegen das Kabinett von Bundeskanzler Olaf Scholz längst hätten verlassen müssen. Die Politik dieser Bundesregierung ist in weiten Teilen der krasse Gegenentwurf zu allem, wofür die Liberalen unter der Führung des Vorsitzenden und Finanzministers stehen: Viel zu weit links von der Mitte, teure Sozialgeschenke, schlechte Wirtschaftspolitik, Verbote, Ideologie, wo nüchterner Pragmatismus das Gebot der Stunde wäre. „Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren“ – mit dieser Aussage hat sich Christian Lindner selbst in die Geschichtsbücher der Republik eingetragen. Damals, 2017, verhinderte er eine Jamaika-Koalition, um vier Jahre später ein aus Sicht der FDP vermutlich noch größeres Übel zu wählen.
 
Dennoch gibt es für die Liberalen keine Alternative dazu, diese Koalition bis zur womöglich bitteren Neige fortzusetzen. Das wissen die Mitglieder an der Basis offenkundig. Sie haben ihrem Vorsitzenden deshalb das letzte Mittel, den Koalitionsbruch, nicht entzogen, mit dem er gegenüber SPD und Grünen noch Stopschilder aufstellen kann. Sie wissen außerdem, daß „Umfaller“ an der Wahlurne in der Regel abgestraft werden. Also weiter wie bisher. Also jede Woche ein neuer Streit.
 
Es sei denn, die Koalition fände doch noch zueinander, indem sie sich nicht länger von Linken und Rechten treiben läßt, sondern Politik für die sicher 80 Prozent der Wahlbürger macht, die für sinnvolle, transparente Regierungsarbeit auch dann empfänglich sind, wenn sie davon nicht unmittelbar profitieren. Das hülfe auch gegen Extremisten.
 
Der Kommentar erschien am 2. Januar in der Westdeutschen Zeitung.
Übernahme des Textes mit freundlicher Erlaubnis des Autors.