Unter falscher Regie
Offen gesagt
Von Lothar Leuschen
Von einer schwierigen Entscheidung möglicherweise schon 2024 hat der grüne Ratsherr Rainer Widmann zuletzt gegenüber der Westdeutschen Zeitung vor wenigen Tagen gesprochen. Es ging um eine Vorausschau auf ein sicher wieder anstrengendes Jahr. Aber das ist Wuppertal schon gewöhnt. Und einfach kann ja jeder.
Aber in diesem speziellen Fall sollten die Kommunalpolitiker es unter allen Umständen vermeiden, sich die Antwort auf die Frage zu leicht zu machen. Dabei liegt sie letztlich auf der Hand. Es geht um die Moschee an der Gathe, um den Plan der Ditib-Gemeinde, dort ein prachtvolles Gebetshaus nebst Gemeindezentrum zu errichten. Das Geld für den religiösen Bau soll schon weitestgehend durch private auch Kleinstspenden beisammen sein. Es könnte also bald losgehen. Und grundsätzlich spricht auch nichts gegen dieses Projekt. Die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland wird in diesem Jahr 75. Sie ist das Beste, was Deutsche für die deutsche Gesellschaft erdacht und aufgeschrieben haben. Und das nicht nur, weil sie Religionsfreiheit garantiert. Da vor diesem Gesetz alle Menschen gleich sind, gilt diese Freiheit auch allen, die sich Christen, Juden, Hindus, Buddhisten oder Muslime nennen. Aus eben jenem Grund ist es auch selbstverständlich, daß es nicht nur prächtige Kirchen gibt, sondern auch ebensolche Synagogen, Tempel und Moscheen. Nachdem die Ditib-Gemeinde an der Gathe alle notwendigen Grundstücke erworben und obendrein die Erlaubnis der Ratsmehrheit hat, steht der Umsetzung des wirklich ansprechenden Bauwerkes nichts mehr im Wege. Eigentlich. Denn tatsächlich geht es nicht. Tatsächlich kann die Moschee zwar dort, aber nicht mit diesem Bauherrn gebaut werden. Auch dieser Umstand ist in der beispielgebenden Verfassung der Bundesrepublik eindeutig geregelt. Das Grundgesetz ist in der Zeit eines Neustarts nach zwölf bitteren Jahren in Deutschland entstanden. Und schon die Macher der Weimarer Verfassung haben 1919 sehr weitsichtig entschieden, daß Kirche und Staat voneinander getrennt werden müssen. So steht es auch in der Verfassung von 1949. Der Staat ist konfessionslos. Ebenso konfessionslos bewertet er seine Bürger und seine Gäste – also unabhängig davon, welchen Gott sie anbeten. Wie sinnvoll das ist, wird derzeit im Nahen Osten, aber auch auf Deutschlands Straßen und Plätzen deutlich. Die Terroristen der Hamas sind nicht etwa nur blutig unterwegs, um Israel den Garaus zu machen, sondern laut eigener Charta jedem Juden, also allen Repräsentanten einer Religion, überall auf der Welt. Von diesem Ziel Wahnsinniger hat sich der politische Arm der Organisation, die immer noch über den Gaza-Streifen herrscht, nicht distanziert. Und in den Demonstrationen außerhalb des Nahen Osten gehen die Ablehnung Israels und der Haß auf Juden unheilstiftend Hand in Hand. Schon verfassungsgemäß und erst recht in Zeiten wie diesen ist es nicht angezeigt, einer eindeutig sehr staatsnahen Organisation wie der Ditib ein Projekt wie das an der Gathe zu gestatten. Der Einfluß der zunehmend autokratischen türkischen Regierung auf die Ditib ist unbestritten. Es handelt sich um dieselbe Regierung, die Schweden den Zutritt zur Nato verwehrt, weil in Schweden Korane verbrannt worden sind. Dem können sich auch jene im Stadtrat nicht verschließen, die das Bauwerk befürworten. Endlich eine schöne Moschee, ein würdiger Platz, an dem sich Muslime zum Gebet treffen können – das ist überfällig. Aber nicht unter der Regie der Ditib. Der Kommentar erschien am 6. Januar in der Westdeutschen Zeitung.
Übernahme des Textes mit freundlicher Erlaubnis des Autors.
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