Der Widerstand beginnt

Bürger gehen gegen Rechts auf die Straße

von Lothar Leuschen​

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Der Widerstand beginnt
 
Bürger gehen gegen Rechts auf die Straße
 
Von Lothar Leuschen
 
Es hat gedauert, aber nun mehren sich die Stimmen jener, die rechtsextremistischen Bestrebungen in Deutschland das Stopschild zeigen. Zuletzt dokumentierten 30.000 Menschen in Köln, daß sie mit den Umtrieben der AfD und deren braunen Kumpanen nichts zu tun haben wollen. Die Pläne für die Abschiebung von Ausländern und Deutschen mit Migrationshintergrund waren anscheinend der Tropfen, der das Faß zum Überlaufen brachte. Tatsächlich erinnerte das, was über die gespenstische Zusammenkunft in einer alten Villa bei Berlin bekannt geworden ist, alarmierend an das Gebaren der Nationalsozialisten vor fast genau 82 Jahren. Erschreckend ist, daß Menschen, die zumindest scheinbar bei klarem Verstand sind, solche abartigen Fantasien wieder aufleben lassen. Überraschend aber ist es nicht.
 
Die rechte Gesinnung in Deutschland hat in der AfD wieder einen starken Arm in die Parlamente. Dort verschoben die Gaulands, die Chrupallas, die Weidels, vor allem aber Björn Höcke das vermeintlich Sagbare immer weiter in die braune Gedankenwelt. Es ist kein Wunder, daß sich davon immer mehr Menschen ermutigt fühlen und mittlerweile unter Klarnamen Kommentare veröffentlichen, für die sie sich eigentlich in Grund und Boden schämen müßten. Aber Schamgrenzen sinken, wenn der Eindruck entsteht, daß jemand mit einer noch so dümmlichen Meinung nicht mehr allein ist. Das hat die AfD mit destruktiver Beharrlichkeit geschafft.
 
Auch deshalb entstehen nun immer häufiger Abwehrreflexe. Zuletzt hat die Co-Vorsitzende der SPD, Saskia Esken, mit der Forderung von sich reden gemacht, die Behörden müßten über ein Verbot der AfD nachdenken. Das ist grundsätzlich nicht falsch und ohnehin Aufgabe des Verfassungsschutzes sowie der zuständigen Gerichte. Aber der Zeitpunkt ist falsch. Der Versuch, die NPD zu verbieten, hat gezeigt, wie lange solche Verfahren in demokratischen Staaten dauern. Sie geben vom Verbot bedrohten Parteien alle Mittel in die Hand, sich als Opfer zu stilisieren. Das ist vor den Wahlen in diesem und im nächsten Jahr vermutlich eher ungeschickt.
 
 
Der Kommentar erschien am 18. Januar in der Westdeutschen Zeitung.
Übernahme des Textes mit freundlicher Erlaubnis des Autors.