Schwarzer-Peter-Spiele

Deutschland braucht mehr Wohnraum

von Lothar Leuschen​

Foto: WZ
Schwarzer-Peter-Spiele
 
Deutschland braucht mehr Wohnraum
 
Von Lothar Leuschen
 
Das Problem ist erkannt, gebannt ist es noch lange nicht. Und langsam stellt sich die Frage, wie die Politik die ganzen Löcher überhaupt noch stopfen will, die sie auf allen Ebenen erzeugt hat. Die Infrastruktur ist marode, die Digitalisierung steckt in den Kinderschuhen, das Bildungssystem verdient den Namen kaum mehr, die Sozialversicherungen gehen am Stock. Da kommt es auf das Gutachten des Zentralen Immobilien-Ausschusses fast auch schon nicht mehr an. Aber nur fast. Denn die Immobilienwirtschaft beschreibt einen Mangel, der heute bereits viele Menschen in Deutschland berührt. Wie soll das erst werden, wenn im Jahr 2027 bundesweit wirklich 830 000 Wohnungen fehlen, wie es die Gutachter vorhersagen.
 
Wer aktuell in den Metropolen Wohnraum mieten will, ist längst Kummer gewohnt. Horrende Quadratmeterpreise selbst für mittelmäßigsten Komfort fressen längst weit mehr als die empfohlenen maximal 30 Prozent des Nettoeinkommens auf. Studenten, Alleinerziehende, Alleinstehende mit geringem Einkommen brauchen sich vielerorts schon gar nicht mehr um einen Mietvertrag zu bewerben. Die Entwicklung ist auch nicht neu. Der zunehmende Mangel ist seit Jahren zu beobachten und statistisch längst dokumentiert.
 
Aber statt Abhilfe zu schaffen, statt intensiv an der Lösung des Problems zu arbeiten, beginnt in Deutschland das Schwarze-Peter-Spiel. Jeder ist an der Misere schuld, nur die eigentlich Verantwortlichen nicht. Es war die amtierende Bundesregierung, die sich vollmundig 400 000 neue Wohneinheiten pro Jahr in den Koalitionsvertrag geschrieben hat, um an dem Ziel dramatisch zu scheitern. Es war die Bundespolitik, die mit immer neuen Vorgaben und Bestimmungen Bauen immer teurer gemacht hat. Und es sind die Länder, vor allem auch Nordrhein-Westfalen, die bei der Grunderwerbsteuer dermaßen zuschlagen, daß Wohneigentum noch mehr zum Luxusgut wird. Es waren schließlich die Kommunen, die den sozialen Wohnungsbau weitestgehend privaten Investoren überlassen haben, weil sie selbst die Kosten scheuten. Und jetzt?
 
 
Der Kommentar erschien am 21. Februar in der Westdeutschen Zeitung.
Übernahme des Textes mit freundlicher Erlaubnis des Autors.