Größe allein schützt nicht

Die AfD nutzt das OVG Münster als Bühne

von Lothar Leuschen​

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Größe allein schützt nicht
 
Die AfD nutzt das OVG Münster als Bühne
 
Von Lothar Leuschen
 
Vordergründig ist es in den vergangenen zwei Tagen vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster um die Frage gegangen, ob das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD und deren Jugendorganisation JA als rechtsextremistischen Verdachtsfall beobachten darf. So hat es die 1. Instanz in Köln entschieden. Seither sammelten die Verfassungsschützer weiter Informationen und Fakten. Dagegen wehrt sich die Partei. Das ist ihr gutes Recht. Und es ist richtig, daß der Staat, in diesem Fall vertreten durch das OVG in Münster, keinerlei Anstalten macht, dieses Recht einzuschränken. Mit bewundernswerter Langmut ließ der Vorsitzende Richter in der Verhandlung die Tiki-Taka-Spielchen zu, mit denen der Anwalt der AfD im Internet um Mandanten wirbt. Die Taktik: möglichst kleinteilig agieren, den Gegner permanent beschäftigten, ihn einlullen, ihn zermürben. So ging das in Münster. Zeitspiel hier, ein bißchen Provokation dort, Einsicht andeuten, um dann doch auf der langwierigsten Version in der Umsetzung des Regelwerkes zu bestehen.
 
Offenbar weiß auch die AfD, daß kein Gericht anders entscheiden kann als die Richter in der 1. Instanz. Die Beweislast scheint inzwischen zu erdrückend zu sein. Die gemäßigten haben die extremen Kräfte schon lange nicht mehr in Griff. Und die Extremen in der Partei treten nun die Flucht nach vorn an. Sie wollen das Rechtssystem vorführen, dessen Institutionen lächerlich machen und zweifeln gar deren Rechtmäßigkeit an. Fast scheint es, als wolle die AfD ausloten, ob der Rechtsstaat bereit ist, Recht zu brechen, um sich zu verteidigen.
 
Den demokratischen Parteien im Bundestag stellt sich nach den zwei Tagen von Münster die Aufgabe, sich mit einem möglichen Antrag auf Verbot der AfD zu beschäftigen. Eine Partei, egal ob rechts oder links, die rechtmäßig vom Verfassungsschutz als extremistischer Verdachtsfall beobachtet werden darf, weil genügend eindeutige Hinweise für diesen Verdacht sprechen, hat im Deutschen Bundestag nichts verloren. Auch dann nicht, wenn sie noch so viele potenzielle Wähler hat. Größe schützt vor Strafe nicht.
 
Der Kommentar erschien am 14. März in der Westdeutschen Zeitung.
Übernahme des Textes mit freundlicher Erlaubnis des Autors.