Minimalistisch oder barock – die Liebe verbindet alles

FAÇADES – Ein choreografisches Konzert

von Anne-Kathrin Reif

FAÇADES - Lisa Kirsch und Federico Casadei - Foto © Mischa Lorenz

Minimalistisch oder barock – die Liebe verbindet alles
 
FAÇADES – Ein choreografisches Konzert nach einer Idee 
von Anna Prohaska und Emanuele Soavi – 
Premiere am 25. März 2024 in der Kölner Philharmonie
 
Genauestens festgelegte Formen bestimmten einst den Tanz zur höfischen Barockmusik – heute ist der zeitgenössische Tanz Inbegriff freien körperlichen Ausdrucks. Zwei Welten finden zueinander im neuen Projekt FAÇADES der in Köln ansässigen Emanuele Soavi incompany, welches Emanuele Soavi gemeinsam mit der weltweit erfolgreichen Sopranistin Anna Prohaska entwickelt hat. Als drittes Element kommt noch zeitgenössische Minimalmusic von Philip Glass hinzu – gespielt auf barockem Instrumentarium von den Spezialisten der lautten compagney BERLIN.
Wie aber bringt Choreograf Emanuele Soavi die unterschiedlichen musikalischen Elemente und die verschiedenen Akteure zusammen? Für den Italiener, der seine Arbeit häufig mit einer Recherche über die klassischen antiken Mythen beginnt, ist es keine Frage, wo ein überzeitlicher, alle Gegensätze verbindender Kern zu finden ist: „Es ist natürlich das ewige Thema der Liebe“, sagt Soavi. Man wird es nicht nur in Anklängen an die Ikonographie von Amor bzw. Eros entdecken können. Die sechs Tänzerinnen und Tänzer von incompany, neun Musikerinnen und Musiker der lautten compagney BERLIN unter Wolfgang Katschner sowie Sängerin Anna Prohaska entwerfen ausgehend von Monteverdis „Lamento della ninfa“ mit Vokalmusik des Frühbarock und Instrumentalmusik von Philipp Glass ein Universum der Weiblichkeit, erzählen von Überlebensstrategien und Täuschungsmanövern, von unbedingter Liebe, Einsamkeit und vom Risiko, an Grenzen und darüber hinaus zu gehen. So entsteht ein facettenreiches Kaleidoskop aus vielschichtigen tänzerisch-musikalischen Miniaturen, ein Wechselspiel von komplexen Gruppenchoreografien und hochemotionalen Einzelcharakterstudien, ein Spannungsfeld zwischen individuell-psychologischen Porträts und universellen, allgemeingültigen Bildern, zwischen revolutionärer Kraft und emotionalen Extremen, zwischen archaischem Mythos und bedrängender Gegenwart.
„Wir werden aber nicht die Geschichten von Liebe, Leidenschaft, Verrat und Intrigen, welche Gegenstand der barocken Arien sind, erzählerisch durch Tanz bebildern“, betont Soavi. Vielmehr soll der Tanz mit abstrakten Formen und tableaux vivants einen weiten Assoziationsraum für die Hörenden und Betrachtenden eröffnen. FAÇADES steckt voller spannungsreicher Kontraste, die sich gegenseitig befeuern und zu einem neuen Ganzen zusammenfinden. Vierter „Akteur“ dabei ist gewissermaßen der Konzertsaal der Philharmonie Köln, da bei dieser Form des „choreografischen Konzerts“ Tanz als Bewegung im Raum vollkommen anders gedacht werden muss als in der klassischen Bühnensituation.
Für das freie Kölner Ensemble Emanuele Soavi incompany ist FAÇADES nach ‚#auferstanden‘ mit dem Vokalensemble Cantus Cölln bereits die zweite Zusammenarbeit mit der Kölner Philharmonie.
 

Anna Prohaska - Foto © Marco Borggreve

Die preisgekrönte österreichisch-englische Sopranistin Anna Prohaska gab ihr Debüt im 
Alter von 18 Jahren an der Komischen Oper Berlin und bald darauf an der Staatsoper 
Unter den Linden, deren Ensemble sie für mehrere Spielzeiten angehörte. Ihre 
internationale Karriere brachte sie bereits an die größten Opernhäuser, darunter die 
Hamburgische Staatsoper, die Mailänder Scala (Zerlina in »Don Giovanni«), das Theater 
an der Wien, das Royal Opera House London, die Opéra national de Paris (Blonde in 
»Die Entführung aus dem Serail«), die Bayerische Staatsoper u.a.m. 2012 erhielt sie 
für ihre musikalische Leistung den ECHO Klassik, 2016 den Kunstpreis Berlin und 2017 
den International Classical Music Award.

Premiere 25. März 2024, 20 Uhr, in der Kölner Philharmonie, Karten über → koelnticket.de
Weitere Aufführung: 26. März 2024 im Stadttheater Schaffhausen / CH
Musik:
Claudio Monteverdi, Lamento della ninfa / Zefiro Torna
Barbara Strozzi, È pazzo il mio cuore / L’Eraclito amoroso
Giulio Caccini, Non ha’l Ciel cotanti lumi
Luzzasco Luzzaschi, I’mi son giovinetta
Francesco Cavalli, Sien mortali...Non è maggior piacerei? (La Calisto)
Carlo Gesualdo, Mille volte il di moro e voi, empi sospiri
Tarquinio Merula, Ballo detto Polliccio / Sonata Cromatica
Giovanni Felice, Sances Usurpator Tiranno
trad. Sicilian, Ninna nanna di la rosa
Philipp Glass, Train to Sao Paulo / Glassworks: I. Opening, V. Facades / Morning Passage (The Hours)
Philipp Glass / Blondie, Heart of Glass