Agatha Christies „Mord im Orientexpress“

TiC-Theater: Soli für Hercule Poirot und Helen Hubbard

von Frank Becker

Agatha Christies „Mord im Orientexpress“
 
TiC-Theater: Soli für Hercule Poirot und Helen Hubbard
 
Inszenierung: Ralf Budde – Bühne: Jan Bauerdick & Benedikt Ogiolda – Mitarbeit Bühne: Frank Fischer – Kostüme: Noëlle-Magali Wörheide – Mitarbeit Kostüm: Alyson Hille – Maske: Elke Quirmbach – Regieassistenz: Mirca Szigat - Vorstellungstechnik: Waltraut Rettig, Christiane Ruß, Ingrid Sommerfeld, Marius de Bruyckere
 
Mit: Christoph Güldenring (Hercule Poirot) –– Nicole Gurske (Mary Debenham) – Dominik Schinner (Hector MacQueen) – Robert Cramer (Michel / Oberkellner) – Monika Owart (Natalya Dragomiroff) – Fabia-Ines Dabek (Greta Ohlsson) – Nina Jestel (Eléna Andrenyi) – Kerstin Trant (Helen Hubbard) – Dennis Gottschalk (James Arbuthnot / Samuel Ratchett)
 
Viele internationale Schauspieler haben sich im Lauf der Jahrzehnte mehr oder weniger erfolgreich im Film und auf der Bühne für die Rolle des belgischen Meisterdetektivs Hercule Poirot berufen gefühlt – die berühmtesten darunter sind wohl im Filmgeschäft Sir Peter Ustinov und Albert Finney. Letzteren hat man unvermittelt vor Augen, als sich am vergangenen Freitag in Wuppertaler TiC-Theater bei der Premiere von Agatha Christies „Mord im Orientexpress“ der Vorgang hebt. Mit Christoph Güldenring hervorragend besetzt - ein Poirot, wie man ihn sich wünscht -, setzt der berühmte Ermittler, den sogar Scotland Yard in schwierigen Fällen zu Hilfe ruft, seine topisch gewordenen „kleinen grauen Zellen“ in Gang, als es gilt, unter den Fahrgästen des legendären Luxuszuges während der Fahrt von Istanbul nach Paris einen Mörder zu ermitteln. Einer der Reisenden, ein gewisser Samuel Ratchett (Dennis Gottschalk), der sich massiv bedroht gefühlt hatte, wurde mit acht Messerstichen in seinem Abteil umgebracht, während der Zug in Serbien zwischen Vinkovci und Brod in einer Schneewehe steckengeblieben war. Der Täter – oder war es eine Täterin? – kann den Zug nicht verlassen haben, muß sich also noch unter den Reisenden befinden. Wer macht sich vor den Augen und dem scharfen Verstand Poirots verdächtig?   
 
Ist es die schrille Amerikanerin Helen Hubbard (eine auch stimmliche Offenbarung: Kerstin Trant), die von Anbeginn der Reise mit ihrem Abteilnachbarn in Streit lag? Kommt Ratchetts stotternder Sekretär Hector MacQueen (sympathisch: Dominik Schinner) als Täter in Frage? Oder ist etwa der aufbrausende britische Colonel James Arbuthnot (Dennis Gottschalk doppelt besetzt) der Mörder? Da ein Gärtner nicht mit an Bord ist, könnten es auch die brave Engländerin Mary Debenham (Nicole Gurske), die herrlich arrogante russische Prinzessin Natalya Dragomiroff (Monika Owart), deren bigotte schwedische Reisebegleiterin/Hausdame Greta Ohlsson (trefflich Fabia-Ines Dabek), die Poirot beflirtende kesse ungarische Gräfin Eléna Andrenyi (Nina Jestel) oder gar der Zugschaffner Pierre Michel (solide: Robert Cramer) gewesen sein. Poirots alter Freund Constantine Bouc (Joachim Rettig), der mitreisende Geschäftsführer des Orientexpress, der Poirot ein wenig hilflos zur Seite steht, scheidet aus.
Poirot (Christoph Güldenring brilliert) befragt alle Reisenden und trägt Indizien zusammen. Jede(r) hat irgendein Alibi für die vermeintliche Tatzeit gegen 01.30 h, die durch eine stehen gebliebene Taschenuhr in der Schlafanzugtasche des Opfers belegt zu sein scheint. Ein Pfeifenreiniger, verschiedene Streichhölzer, ein Stückchen eines verbrannten Zettels, schließlich ein Schrei, ein Schuß auf Mary Debenham, die ein Verhältnis mit Colonel Arbuthnot hat, der Fund eines blutigen Messers und einer gefälschten Uniform der Wagon-Lits … Poirot kombiniert, entwirrt ein Lügengespinst - und findet die überraschende Lösung.
 

Ensemble, v.l. stehend: Gurske, Rettig, Gottschalk, Güldenring, Jestel, Schinner, Dabek, Cramer - sitzend: Owart, Trant - Foto © Martin Mazur

Intendant Ralf Budde hat die aufwendigen Dramatis personae des Romans für seine Inszenierung ein wenig zusammengestrichen und in dem äußerst wirkungsvollen, raffiniert variablen Bühnenbild von Jan Bauerdick & Benedikt Ogiolda liebevoll und pointenreich, nicht ohne Humor in Szene gesetzt. Elke Quirmbachs Maskenbild konnte sogar aufmerksame Zuschauer täuschen und überraschen. Chapeau!
Ausverkauft wie bei der Premiere dürften auch die nächsten Vorstellungen im schönen und höchst bequemen Saal des TiC-Theaters sein, denn die Inszenierung bietet dank ihres engagierten Personals beste Unterhaltung. Übrigens fuhr der Orientexpress pünktlich und unter Dampf von Istanbul ab. 1934 war das noch normal.
 
Weitere Informationen, Termine und Eintrittskarten:  www.tic-theater.de