Die größte Gefahr

von Ernst Peter Fischer

Ernst Peter Fischer
Die größte Gefahr
 
Wenn in den Frühlingstagen 2020 ein Gespräch auf das Corona Virus kam, brauchte man nicht lange zu warten, bis jemand meinte, daß die pandemische Ausbreitung des hübschen infektiösen Kügelchens vor allem dadurch zustande gekommen ist, daß die Welt globalisiert geworden ist, obwohl das Globale und die Welt doch dasselbe zu meinen scheinen. Natürlich gab es die Welt schon längst, bevor Menschen sie globalisiert haben, womit gemeint ist, daß Firmen etwa aus Bayern in Bangladesch produzieren lassen oder Bürger aus Nordrheinwestfalen in Südamerika Urlaub machen und die meisten Menschen rund um den Globus dasselbe essen oder trinken - Pizza oder Cola zum Beispiel. Globalisierung heißt, daß man überall hinfliegen und alles dorthin verlagern kann, was einem anhängt oder was man mitbringt Geld und Kultur ebenso wie Viren oder andere Krankheitserreger zum Beispiel - und so liegt der Verdacht nahe, daß die Globalisierung mit ihren weltweiten Flugverbindungen das Virus aus der Reserve gelockt hat, das die Menschen nun bedrängt. Vermutlich ist aber eher das Gegenteil der Fall, was konkret heißt, daß die Globalisierung den Menschen helfen konnte, Corona einzudämmen und den Schaden, den das Virus anrichten könnte, kleiner zu halten, als er in Zeiten ohne Globalisierung geworden wäre.
       Um dies zu verstehen, muß man nur an Pandemien aus vergangenen Zeiten denken. Sie hat es bereits in Form der Pest im Mittelalter gegeben, als es keine Flugzeuge mit Passagieren gab, die den Erreger - damals ein Bakterium - verbreiten konnten. Die einzige Zeit, in der den Historikern zufolge keine Epidemie die Menschen plagte, kennt man als die Steinzeit. Und wenn eines in den unsicheren Zeiten sicher ist, dann daß niemand auf der ganzen Welt dahin zurück möchte. Seit Menschen in einer globalisierten Welt leben, haben die Epidemien nicht zugenommen, sondern im Gegenteil abgenommen. Und wenn sie auftreten, haben sie weniger Vernichtungspotential, da es eine Wissenschaft gibt, deren Vertreter weltweit miteinander ihre Informationen austauschen und auf diese Weise erstaunlich schnell Ergebnisse liefern kann - wenn auch nicht immer solche, die Menschen erwarten. Die meisten wollen nicht wissen, wie das Virus aussieht. Sie wollen wissen, wie man es tötet und zur Strecke bringt. Natürlich kann es sein, daß ein Impfstoff die Rettung bringt. Aber es kann auch sein, daß sich die eigentliche Gefahr für die Welt erst zeigt, wenn Menschen anfangen, gierig und ohne Rücksicht nach dem Heilmittel zu greifen und andere sterben lassen. Die Globalisierung hat damit nichts zu tun.
 
© Ernst Peter Fischer

Wiedergabe in den Musenblättern aus „Wahrheit im Widerspruch“ mit freundlicher Erlaubnis des Autors.
Redaktion: Frank Becker