Ein Warnsignal für alle

Die Demokratie ist bedrohter denn je

von Lothar Leuschen​

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Ein Warnsignal für alle
 
Die Demokratie ist bedrohter denn je
 
Von Lothar Leuschen
 
Die Bilanz ist erschreckend. Fast 40 Prozent mehr politisch motivierte Gewalttaten in Nordrhein-Westfalen sind ein Alarmsignal. Vor allem Rechtsextremisten und Islamisten treiben im größten deutschen Bundesland ihr Unwesen. Und alles spricht dafür, daß die Zahlen in anderen Ländern relativ nicht besser sind. Die Demokratie ist bedroht, und mit jeder neuen Gewalttat, mit jeder neuen Unverfrorenheit von rechten Parlamentariern beispielsweise im Deutschen Bundestag wird die Festung sturmreifer geschossen. Die Provokationen eines Björn Höcke, die mutmaßliche Korruption von AfD-Spitzenpersonal, dazu Haßprediger in manchen Moscheen landauf, landab zeigen, daß Frieden in Freiheit, daß Recht- und Sozialstaat alles sind nur nicht selbstverständlich. Das Zusammenleben von vielen Menschen auf verhältnismäßig wenig Raum erfordert Regelwerke. Die Freiheit des Einzelnen muß enden, wo sie die Freiheit des Anderen einschränken könnte. Auch Deutschland braucht gesellschaftspolitisch Klarheit und Wahrheit, Verläßlichkeit und Konsequenz. Wo der Staat das Regelwerk im Sinne seiner Gesetzgebung nicht klar definiert, entstehen Grauzonen. In Grauzonen entstehen destruktive Kräfte.
 
Wie ist es möglich, daß Herbert Reul, der Innenminister des Landes NRW, in seinem Verfassungsschutzbericht Zahlen des Grauens präsentieren mußte, Statistiken, die Entwicklungen beschreiben, die auch den größten Optimisten Angst und Bange machen müßten? Die Antwort liefert die Demokratie selbst. Sie ist ihrem Wesen nach einerseits anfällig für Angriffe. Andererseits steckt sie den Rahmen für eine freiheitliche Gesellschaft. In diesem Rahmen kann sich jeder nach seinen Fähigkeiten und Wünschen entwickeln. Es ist kein Zufall, daß Deutschland ein sehr wohlhabendes Land ist. Dank der Demokratie. Die Welt kennt keinen Staat, der unter autokratischer, islamistischer oder politisch extremistischer Führung breiten Wohlstand in sein Volk gebracht hätte. Reuls Bericht fordert deshalb nicht nur Politik und Justiz auf, den Anfängen jedweden Extremismus zu wehren, er gemahnt auch jeden Bürger, sich um die Demokratie zu kümmern.
 

Der Kommentar erschien am 19. April in der Westdeutschen Zeitung.
Übernahme des Textes mit freundlicher Erlaubnis des Autors.