Auf einen Schelmen anderthalbe

Franz Hohler - "Das verspeiste Buch"

von Frank Becker
La Cucina italiana

Daß Franz Hohlers (*1943) Literaturen von besonderer Tiefe,
sprachlicher Eleganz und Eloquenz sind, ist all seinen Lesern und Freunden längst bekannt. Das betrifft seine Kabarett-Texte ebenso wie seine Romane, Erzählungen, Lyrik und die Kurz- und Kürzestgeschichten. Ebensolchen Rang haben in der Welt der Illustration die Zeichnungen Hans Traxlers (*1929), Altmeister der Neuen Frankfurter Schule, dessen tiefgründiger, liebenswürdiger Humor in kongenialer Nachbarschaft zu Franz Hohlers Prosa steht. Beide Grandseigneurs ihres Faches, gehörten schon lange gemeinsam zwischen zwei Buchdeckel. Spätestens seit Anfang 2007 Eichendorffs "Taugenichts" mit Traxlers wundervollen Illustrationen erschienen ist, muß der Plan gereift sein, Franz Hohlers jüngstes kleines Prosawerk "Das verspeiste Buch" ebenfalls mit seinen Bildern zu adeln.

So fügten sich zu einer deftigen Schelmengeschichte, in der ein Dörfler den Baseler Städtern zeigt, wo Bartel den Most holt, sieben ganzseitige farbige Illustrationen von der Hand Traxlers, dazu ebenfalls sieben charmante Vignetten ein Innentitel und eine gespiegelte Umschlagillustration für Vorder- und Rückseite des kostbaren kleinen Bandes.
Der Kellner einer Baseler Schenke möchte dem unbedarften Mann vom Lande zum Gaudium aller anderen Gäste gerne einen Streich spielen. Er serviert diesem, der die Speisekarte mangels passender Brille (die vom Onkel geerbten Gläser taugen nicht so recht für seine Augen) falsch gelesen und statt "Ruchbrot" ein "Buchbrot" bestellt hat, ein wirkliches, mit Soße übergossenes Buch. Das hatte, da in italienischer Sprache verfaßt, ohnehin nutzlos in der Küche gestanden und taugte nun wunderbar für den derben Spaß.

Wie nun der schlaue Wanderer auf einen Schelmen anderthalbe setzt, wie er auf wundersame Weise Italienisch lernt, dabei auf Kosten der schadenfrohen Wirtshausgäste einen ordentlichen Reibach macht - und welche Rolle dabei ein lombardischer Bartwichsen-Händler spielt, erzählt Franz Hohler urkomisch und so erheiternd, daß ich das schmale Bändchen in Windeseile - nein, nicht gegessen - gleich zweimal gelesen und mir beide Male ein Lachen nicht habe verkneifen können. Sie möchten selber einmal wieder herzlich lachen oder einem lieben Menschen ein Lachen für die Jackentasche schenken? Voila!
Diesem Büchlein, das zu den literarisch und buchkünstlerisch feinsten dieses Jahres zählt, verleihen die Musenblätter ihre höchste Auszeichnung: den Musenkuß! 

Beispielbild
Titelzeichnung: Hans Traxler

Franz Hohler
Der verspeiste Buch

Eine Erzählung - mit Illustrationen von Hans Traxler

© 2008 Luchterhand Literaturverlag

87 Seiten, gebunden, Fadenheftung, farbig illustriert
10,- €

Weitere Informationen unter:
www.luchterhand-literaturverlag.de