Druck von allen Seiten
Schwere Zeiten für Israel
Von Lothar Leuschen
Die Meinungshoheit haben die Terroristen der Hisbollah und der Hamas in den vergangenen Wochen bereits erobert. Mit Hilfe der Vereinten Nationen sowie von Staaten wie Norwegen und Spanien ist es den Terrororganisationen gelungen, Israel und dessen Regierung an den internationalen Pranger zu stellen. Zu grausam sind die Bilder aus dem Gazastreifen, wo kein Stein mehr auf dem anderen zu stehen scheint und Millionen Menschen um ihr Leben fürchten müssen. Es ist Krieg. Angezettelt haben ihn jene, die nun auf dem diplomatischen Parkett den Sieg erringen, der Israel noch weiter in die Defensive bringen könnte, während Hamas und auch die im Libanon lauernde Hisbollah den verhaßten Staat der Juden unter Dauerfeuer nehmen.
In Israel wächst die Menge jener, die den Krieg nicht mehr wollen, die eine Neuwahl fordern und Benjamin Netanjahu ablehnen. Vom Schulterschluß der ersten Wochen nach dem Mordanschlag der Hamas am 7. Oktober vergangenen Jahres geht immer mehr verloren. In der Regierung selbst wächst der Widerstand gegen deren Spitzenmann. Das politische Verteidigungskonstrukt von Netanjahu bekommt täglich neue Risse.
Daß Außenminister Israel Katz der Hisbollah nun mit einem Krieg droht, ist die Folge einer nationalen und vor allem internationalen Entwicklung, die den einzigen demokratischen Staat im Nahen Osten zunehmend in die Enge treibt. Israel ist auf sich allein gestellt. Die Signale der restlichen Welt sind zu überwiegend und zu eindeutig darauf ausgerichtet, daß die Terroristen die Anwälte der zivilen Opfer im Gazastreifen sind. Daß die Anwälte ihre Mandanten immer noch als lebende Schutzschilde mißbrauchen, blenden die Kritiker Israels ebenso beharrlich aus, wie den Hinweis darauf, daß sofort Waffenstillstand ist, wenn Hamas und Hisbollah aufhören, Israel anzugreifen und wenn außerdem die Geiseln freigelassen werden, die seit mehr als sieben Monaten von den Terroristen gequält werden. Doch dafür gibt es keine Anzeichen. Also im Nahen Osten nichts Neues: Tödlicher Druck erzeugt tödlichen Gegendruck.
Der Kommentar erschien am 20. Juni in der Westdeutschen Zeitung.
Übernahme des Textes mit freundlicher Erlaubnis des Autors.
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