Jazz-Nachrichten - kurz und kompakt
Verehrte Jazzfreunde,
hoch geschätzte Leserinnen,
fast täglich gehen in der Musenblätter-Redaktion Einsendungen mit CDs interessanter Plattenlabels und hervorragender Künstler aus dem von uns so sehr geschätzten Genre Jazz aus dem In- und Ausland ein. Daß wir es nicht schaffen können, jede einzelne zu besprechen und Ihnen ausführlich vorzustellen, werden die Einsender und auch Sie sicher verstehen können.
Anstatt die Platten beiseite zu legen haben wir uns dazu entschlossen, damit Sie zumindest ein paar Anregungen aus der Fülle der Neuerscheinungen bekommen, Ihnen in unregelmäßiger Folge und bunter Mischung und ohne Bewertung mit einer kurzgefaßten Liste einige Alben mit Bild und Label- bzw. Agentur-Text zu präsentieren. Sicher lohnt es sich für Sie, sich das eine oder andere genauer anzuschauen, anzuhören - und vielleicht sind einige der Alben ja auch genau das, was Sie mögen.
Mit einer Auswahl von sieben aktuellen Produktioen verschiedener Labels wünschen Ihnen auch heute wieder viel Spaß und sind sicher, daß sich darunter (fast) für jeden eine interessante Neuerscheinung findet.
Jerry Singla – Confluence
© 2024 JazzSick (CD)
Jarry Singla (p, Indian Harmonium,) – Pratik Shrivastav (sarod) – Ramesh Shotham (tavil, kanjira, ghatem u.a.) – Christian Ramond (b)
1 Tha Ku Tha Jham 2 Jodhari 3 Bihu Kalyan 4 Praya Saya 5 Ahi Ravi Bhai 6 Febi 7 Argenos 8 Katalavi 9 Confluence
Gesamtzeit: 1:07:33
Jarry Singlas Eastern Flowers und Pratik Shrivastav (Sarod) ebnen den Weg in die Zukunft mit einer zu 100 Prozent inklusiven Musikauffassung. Ebenso selbstbewußt wie feinfühlig, gelingt es aus Vorhandenem und Bekannten etwas genuin Neues zu schaffen Ein Ton, ganz zart, fast fragend, auf einem Instrument, das sich bei genauem Hinhören als die indische Langhalslaute Sarod herausstellt. Ein Klavier tröpfelt vom anderen Ende der Welt in diesen für westliche Ohren zunächst exotisch anmutenden Klang hinein, und sogleich verbinden sich beide Idiome zu einer gemeinsamen Erzählung, die weder Himmelsrichtung noch Zeitalter kennt und schon gar keiner Benennung bedarf. Gegensätze heben sich auf, Traditionslinien fließen ineinander. Ein Stück später gesellen sich Bass und Percussion hinzu, machen die Musik runder, weicher, voller. Wege verzweigen sich und finden wieder zusammen. Was hier passiert, steht ganz für sich selbst und will nicht beschrieben, sondern einzig gehört werden.
Duo Oxymoron - Scented Rushes
© 2024 GLM (CD)
Anna Steinkogler (harp) – Valentin Butt (accordion)
1 The 5th Square 2 Into the looking glass 3 The white knight's horse 4 Bread and butterfly 5 The garden of live flowers 6 Pavane de la belle au bois dormant 7 Petit poucet 8 Laideronnette, impératrice des pagodes 9 Les entretiens de la belle et de la bête 10 Le jardin féerique 11 Cortège 12 Danse
Gesamtzeit: 47:17
Poesie aus dem Zusammenprall von Gegensätzen und Kontrasten als angesagtes Prinzip. Eine Stilfusion aus klassischen Spieltechniken und Reminiszenzen an Jazz, Blues, Tango, zeitgenössischer Musik und barocker Improvisationslust: Oxymoron: Eine sprachliche Stilfigur, die für das Berliner Duo aus Harfe (Anna Steinkogler) und Akkordeon (Valentin Butt) namengebend war. Die beiden Musiker verbinden Tradition mit Innovation, kombinieren Jazz, Klassik und Neo-Klassik stilsicher, mit Mut zum Experiment, getrieben von Lust am Neuen. Steinkogler und Butt haben naturgemäß kein Interesse an der Aufrechterhaltung von Kategorien wie U- und E-Musik. Hier haben sich zwei gefunden, die gemeinsam etwas Kraftvolles, Ungehörtes, intensiv Emotionales entstehen lassen wollen. Mangels Rollenvorbilder für diese außergewöhnliche Besetzung erschaffen sie durch die spannungsgeladene Verbindung instrumentaler und stilistischer Gegensätze ein spannendes, ganz und gar eigenständiges Klanguniversum mit einer individuellen Ästhetik, virtuos und poetisch zugleich.
Phillip Golub - Abiding Memory
© 2024 Berthold Records (CD)
Phillip Golub (comp, p, harpsichord, fender rhodes) – Alec Goldfarb (e-g) – Daniel Hass (cello) – Sam Minaie (b) – Vicente Atria (dr)
1 Catching a Thread 2 Threads Gather 3 The Group to Hear 4 A Regrouping 5 Unspooled (waiting Quietly) 6 In a Secret Corner 7 Where Lapses Elapse 8 At the 11th Hour 9 A Moment Becomes 10 Abiding Memory
Gesamtzeit: 58:17
Auf dem 2024 erscheinenden Album »Abiding Memory« vom New Yorker Komponisten und Pianisten Phillip Golub erleben wir eine Verschmelzung dunkler Töne, komplexer Melodien und leidenschaftlicher Aufrichtigkeit.
Das Album verbindet Improvisation mit strukturierten Kompositionen und stellt ein Gleichgewicht zwischen individuellem Ausdruck und kollektiver Harmonie her. Golub führt das Ensemble an, liefert eine fesselnde Vorstellung und verwebt geschickt verschiedene Elemente miteinander. Diese einzigartige Mischung aus hochmodernistischer Komposition und improvisatorischem Flair, die als »New Brooklyn Complexity« bezeichnet wird, präsentiert eine talentierte Künstlerriege. Golubs vielfältige musikalische Reise spiegelt Einflüsse einer abwechslungsreichen Palette von Mentoren wider. Seine Musik, durchdrungen von progressiven Werten, bietet eine bewegende Reflexion unserer Zeit. Eine musikalische Suite und Reise durch neue musikalische Welten. Philipp Brämswig Trio - Catalyst
© 2024 Unit Records (CD)
Philipp Brämswig (g,voc) – Florian Rynkowski (e-b) – Fabian Arends (dr)
1 Consolation II 2 Catalyst 3 NNO 4 Die harmonische Umverteilung 5 Dunst 6 Dodge This 7 On Plane 8 Mind The Acrobat 9 Consolation One
Nach dem von der internationalen Fachpresse hochgelobten Trio-Debüt „Molecular soul“, das der Band u. a. den Einzug in das Finale des Neuen Deutschen Jazzpreises 2017 bescherte, erscheint in 2024 die langerwartete zweite Veröffentlichung „Catalyst“ mit abermals ausschliesslich Eigenkompositionen des Bandleaders.
Die 3 umtriebigen und gefragten Musiker der renommierten Kölner Szene um Gitarrist Philipp Brämswig schaffen faszinierende Klangwelten jenseits von Stilgrenzen und erfreuen sich und ihre Zuhörer mit ihrem berauschenden Zusammenspiel. Neben einer natürlichen Virtuosität ist vor allem die mal einfühlsame, mal zupackende Interaktion zum Markenzeichen der Band geworden. Sich verschiedenster Einflüsse bedienend schafft Brämswig seine Version von Modern Jazz und vereint Sphärisches mit Rockelementen, Intellekt und Groove, Sangliches mit Abstraktem. Gert Kapo – Amanet
© 2024 Royal Street Records (CD)
Gert Kapo (comp, p, keys) u.a.m.
1 Amanet 2 Nema 3 ali pashas´s dilemma 4. Era det 5. Hal asmar alon 6 Peasant´s dream 7 Tom´s broken samba 8 Look up 9 Inner light
Gesamtzeit: 56:10
Gert Kapo ist ein gefragter Pianist und Komponist und hat schon zahlreiche Musik-Projekte initiiert oder bei ihnen mitgewirkt. ln sein jetzt erscheinendes Solodebütalbum Amanet fließen viele der musikalischen und kulturellen Einflüsse ein, die ihn menschlich wie auch künstlerisch inspiriert und geprägt haben, ob Jazz, traditionelle Musik aus seinem Heimatland Albanien, Klassik, lmpro, Fusion oder Rock. Der Begriff „Amanet“ stammt aus dem Albanischen und steht allgemein gesprochen für einen „Schatz“ oder einen „Wert', für Vlfissen, Weisheit oder spirituelle Lehren, die von der einen auf die nächste Generation weitergereicht werden. lm musikalischen Kontext werden auch überlieferte Musikstücke oder Melodien aus dem kulturellen Reichtum und der Identität der albanischen Musik damit beschrieben. Gert Kapos ganz persönliches „Amanet“ ist es, „Musik zu machen, die im Einklang mit dem steht, was mir überliefert wurde, so interpretiert, wie ich sie höre und fühle. Das Album ist ein momentaner Abdruck meiner Seele, der meine innere Stimme durch Musik horbar macht' Für diesen kompositorischen Seelenabdruck lud Gert Kapo im Frühjahr 2022 bekannte Musiker*innen wie u.a. Nenad Gajin an der Gitarre (ZAZ, Emir Kusturica, Ibrahim Maalouf), den Perkussionisten und Hybrid Drums-Spieler Rhani Krija (u.a. Sting, Peter Gabriel, Ngrlyen Le), Hayden Chisholm am Saxophon (u.a. Nils Wogram's Root 70), Armin Alic an E-Bass (u.a. Henrik Freischlader, Royal Street Orchestra), Michael Theissing-Tegeler an der Posaune (u.a. Samy Deluxe, Jeff Cascaro) und Ahmed Eid von Bukahara am Kontrabass und für das Gesangsstück „Hal asmar alon" in die renommierten Kölner Maarweg und Topaz Studios ein.
ERNTE – Ernte
© 2024 enja/yellowbird (CD)
Benjamin Weidekamp (as, cl) – Uli Kempendorff (ts, cl) – Evi Filippov (vib) – Kaspar von Grühingen (b) – David Meier (dr)
1 Venham mais cinco 2 Französisches Partisanenlied 3 Die Moorsoldaten 4 Dem Morgenrot entgegen 5 Marsch 6 Friedenslied 7 Black & White 8 Junge Pioniere (Lieben die Natur)
Gesamtzeit: 49:49
ERNTE spielt Lieder aus antifaschistischen, antirassistischen und antiimperialistischen Widerstandsbewegungen des 20. Jahrhunderts aus aller Welt: Widerstandslieder, Arbeiterlieder, Partisanenlieder und Kampflieder gegen den Faschismus. (Fast) ohne Liedtexte, dafür mit großer Spielfreude und allem, was der Jazz dafür zu bieten hat: Improvisation, Unberechenbarkeit, Energie, Transzendenz sowie eine Spur Melancholie.
Die Gruppe vereint mit Benjamin Weidekamp (Altsaxophon, Klarinette), Uli Kempendorff (Tenorsaxophon, Klarinette), der Schweizer Rhythmussektion Kaspar von Grünigen (Kontrabass) und David Meier (Schlagzeug) sowie der Griechin Evi Filippou (Vibraphon) fünf Musiker aus Deutschland, der Schweiz und Griechenland – drei Länder, die sich seit der Krise von 2008 an eher entgegengesetzten Enden des finanzpolitischen Spektrums in Europa befinden. Hier verhandeln sie die Zeichen der Zeit auf musikalischer und poetischer Ebene. Tamara Lukasheva & INSO Lviv - Anima
© 2024 Tangible Music (CD)
Tamara Lukasheva (voc, comp) - Matthias Schriefl (trp, flgh, alp horn) - Roman Kreslenko (cond) - INSO Lviv Orchestra
01 Singet Leise 5:28 02 Spovid´(Confession) 5:44 03 Poema 7:38 04 Coming Home 5:28 05 Lullaby for Kira 5:34 06 A Clear Moon 6:42 07 Para Mariao 4:38 08 Kyive Miy 6:14 09 Oi u Luizi 6:05 10 Black Sea Walk 5:02 11 Tuman 4:55
Gesamtzeit: 1:03:30
„Anima“, das herausragende Werk von Tamara Lukasheva zusammen mit dem International Symphony Orchestra Lviv, ist ein kraftvolles Zeugnis musikalischer Expression, das weit über reine Unterhaltung hinausgeht. In einer Welt, die von Konflikten und Ungerechtigkeit gezeichnet ist, nutzt Lukasheva ihre Kunst als Medium für Veränderung und Menschlichkeit. Das Album „Anima“, was auf Latein „Seele“ bedeutet, spiegelt Lukashevas tief verwurzelten Glauben an die Kraft der Musik wider, Emotionen auszudrücken und Menschen zu vereinen.
Die deutsch-ukrainische Künstlerin, aufgewachsen in einem musikalisch geprägten Haushalt und ausgebildet in klassischem Klavier, verbindet in ihren Werken Jazz, Chanson und Elemente klassischer Musik, ohne sich dabei auf ein bestimmtes Genre zu beschränken. Ihre Lieder, die sie teils selbst komponiert und arrangiert, sind von einer zarten, aber ungezähmten Kraft, die durch die Mitwirkung des Trompeters Matthias Schriefl und des INSO Lviv, vor allem während der kriegsbedingten Aufnahmen im Oktober 2023, noch verstärkt wird. Lukasheva widmet sich auf „Anima“ der Darstellung von Themen wie Gerechtigkeit, Demokratie und Menschenrechte, die sie durch die Macht ihrer Musik und ihres künstlerischen Ausdrucks verteidigt. Ihre Texte, die teilweise von Dichtern wie Theodor Fontane und Clemens Brentano stammen, sind von universeller Bedeutung und sprechen globale Konflikte an, bieten aber auch persönliche Einblicke in Lukashevas eigene Erlebnisse und Empfindungen. Mit „Anima“ erreicht Tamara Lukasheva eine neue Ebene musikalischen Schaffens, die nicht nur beeindruckt, sondern auch inspiriert. Ihre Lieder sind ein Appell an die Menschlichkeit, ein poetisches Gegengewicht zu den Herausforderungen unserer Zeit. Sie verbindet ihre vielseitigen musikalischen Einflüsse zu einem eindrucksvollen Gesamtbild, das sowohl die Realität reflektiert als auch einen Raum für Erholung und neue Kraft bietet. Dieses Album ist nicht nur eine Sammlung von Liedern, es ist eine Bewegung, eine Stimme, die gehört werden muß, um die volle Tiefe ihrer Botschaft zu erfassen. |