Die Farben der Dinge
In diesem Kapitel werden Fragen zu Farben gestellt und Antworten dazu angeboten. Natürlich wird erörtert, warum der Himmel blau meist hellblau - ist. Wer im Anschluß daran wissen möchte, ob man mit derselben Erklärung auch die tiefblaue Stunde der Dämmerung verstehen kann, wird sich über die Antwort ebenso wundern wie über die Erklärungen für das Blau des Meeres und sogar des Blutes in Sonderfällen. Weitere Fragen: Warum wirkt die Sonne tagsüber gelb? Und warum leuchtet sie als Feuerball abends über dem Horizont rot? Warum sieht das Blut der Menschen intensiv rot aus? Was läßt Blätter im Sommer grün leuchten und wieso färbt sich das Laub im Herbst herrlich bunt? Wie nimmt die helle Haut von Menschen im Sonnenschein die gesund wirkende Farbe Braun an? Und was sehen Tiere, wenn sie in ihrer Umwelt auf das schauen, was Homo sapiens mit Rot, Grün, Blau bezeichnet? Und schließlich: Was hat es mit der blauen Blume der Romantik auf sich?
Die nuancenreiche bunte Pracht für die Augen bietet dem wissenschaftlichen Denken zahlreiche Möglichkeiten, sein Können vorzuführen und die Dinge auf überraschende Weise zu durchschauen. Es traut sich sogar zu, einen Blick auf die ganz großen Fragen zu werfen, etwa „Was ist Licht?“ und „Was ist Energie?“. Mit den Erklärungen aber tauchen immer neue Fragen auf Das ist das Schöne daran.
Vom Wahrnehmen der Dinge
„Alle Menschen streben von Natur aus nach Wissen“, so beginnt der griechische Philosoph Aristoteles sein berühmtes Buch mit dem Titel Metaphysik. Hier heißt es weiter, „dies beweist die Freude an den Sinneswahrnehmungen, denn diese erfreuen an sich, auch abgesehen von dem Nutzen, und vor allen anderen Wahrnehmungen mittels der Augen. Denn nicht nur zu praktischen Zwecken, sondern auch wenn wir keine Handlung beabsichtigen, ziehen wir das Sehen so gut wie allem anderen vor, und dies deshalb, weil dieser Sinn uns am meisten Erkenntnis gibt und viele Unterschiede offenbart.“
Sinneswahrnehmungen heißen bei Aristoteles „aisthesis“. Deswegen läßt sich die Frage „Warum wollen Menschen etwas wissen?“ dem großen Griechen zufolge mit den Worten beantworten: „Weil sie aus ästhetischen Gründen neugierig auf die Welt sind und begreifen wollen, was (und wie) sie sehen.“ Tatsächlich entfaltet sich vor den Augen von schauenden Betrachtern im Laufe eines Tages voller Sonnenschein eine Welt voller Farben, und mit diesen Eindrücken tauchen bereits im Kindesalter viele Fragen auf, von denen einige in diesem Kapitel zur Sprache kommen. Ihre Beantwortung wird Vergnügen bereiten, auch wenn man schon von einigen der Erklärungen gehört haben sollte.
Warum sind das Meer und der Himmel blau? Warum leuchtet der Horizont abends oftmals rot? Warum sind Blätter grün? Warum färbt sich das Laub im Herbst so bunt? Wieso ist Blut rot? Wie kommt es, daß die Sonne gelb erscheint? Warum wird weiße Haut braun? Warum sind Wolken weiß (bevor sie kurz vor einem Gewitter dunkel werden)? Warum wird der Himmel in der Nacht so schwarz wie Kaffee? Wie viele Farben hat ein Regenbogen? Wie kommen die Farben von Schmetterlingsflügeln und Vogelfedern zustande? Welche Farben können Schatten annehmen? Wie ändert sich das Aussehen der Welt in den blauen Stunden der Dämmerung?
Wen nach diesen Erkundigungen zu natürlichen Phänomenen der Ehrgeiz gepackt und die Neugierde nicht verlassen hat, kann weitere Fragen formulieren und Themen ansprechen, die zur Kunst gehören und die Technik betreffen: Woraus bestehen die Farben in einem Malkasten oder auf einer Leinwand? Wodurch erhalten Blue Jeans ihr attraktives Aussehen? Wie kommt die bunte Welt auf Farbbildern und auf dem Display meines Handys zustande? Wie unterscheidet sich das Rot auf dem Bildschirm (Display) von dem Rot des Sonnenuntergangs, den man vor Augen hat und fotografiert oder ablichtet, wie man mit einem schönen Wort auch sagen kann?
So könnte man endlos weiterfragen …
© Ernst Peter Fischer
aus: „Warum funkeln die Sterne?“
Die Wunder der Welt wissenschaftlich erklärt
© 2023 C.H. Beck
Veröffentlichung in den Musenblättern mit freundlicher Erlaubnis des Autors.
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