Fitzgerald Kusz 80 !
Gestern Abend feierte das Staatstheater Nürnberg in seinen Kammerspielen unter der Überschrift „Joo / su schnell / kanns gäih“ angemessen einen der größten und wichtigsten literarischen Söhne des Frankenlandes, den auch den Musenblätter-Lesern wohlbekannten Fitzgerald Kusz. 80 Jahre ist er nun alt und glücklicherweise keineswegs des Dichtens und Schreibens müde. Der Ort der Feier hatte besondere Bedeutung, schließlich hat dort sein bekanntestes und in viele andere deutsche Mundarten übertragenes Stück „Schweig, Bub!“ nach der Uraufführung nahezu unglaubliche 720 Aufführungen erlebt. Viele andere Theaterstücke folgten, Hörspiele, Filme und zahllose Gedichte und Haiku in fränkischer Mundart, die auch weit über die Region hinaus Anerkennung und Popularität gefunden haben.
Man muß nämlich beileibe nicht um jeden Preis Nürnberger oder Franke sein, um aus der vielseitigen fränkischen Lyrik des Dichters Fitzgerald Kusz Vers um Vers, Gedicht um Gedicht, Haiku um Haiku Gewinn ziehen zu können. Man muß lediglich ein Fühlender sein. Dann öffnet sich die Tür zu Kusz´ poetischem Blick auf die Welt und das Leben darin und das Verständnis der mundartlichen Texte - Tip: lesen Sie sich die laut vor – fällt leicht.
Einerseits heiter augenzwinkernd, andererseits in kluger Erkenntnis des tiefen Ernstes, mit dem das Leben mit uns umgeht, transportieren Fitzgerald Kusz´ Gedichte Gedankensplitter und Einsichten, Erfahrungen und ewige Wahrheiten. Verse, die gelegentlich wie spontane Notizen auf einem Zeitungsrand wirken, wie Einfälle des Augenblicks, sind jedoch die sorgsam destillierte Essenz einer mit wachem Blick betrachteten Umwelt mit ihrer belebten Natur und alltäglichen Beobachtungen. Er schaut genau hin, und präzise sind seine lyrischen Analysen. Fitzgerald Kusz beherrscht dabei die Genres der Dichtung in Perfektion, was das Vergnügen der Lektüre (auch für den Nicht-Franken) zum puren Vergnügen macht. Er liebt, das leuchtet aus jedem Gedicht, das Leben, die Blumen, die Wolken, die Vögel, die Jahreszeiten und jedes Getier. Er liebt die Menschen und die Liebe. Sein Schreiben ist die sorgsam destillierte Essenz einer mit wachem Blick betrachteten Umwelt mit ihrer belebten Natur und alltäglichen Beobachtungen.
Bereits Am 11. Juli 2024 hatte Fitzgerald Kusz aus der Hand des Ministerpräsidenten Markus Söder den Bayerischen Verdienstorden erhalten. In der Laudatio zum Verdienstorden hieß es: „Fitzgerald Kusz ist ein preisgekrönter Schriftsteller und ein wahres Nürnberger Original. Mit seinen Mundart-Theaterstücken und ‑Gedichten hat er nicht nur in seiner fränkischen Heimat, sondern weit darüber hinaus zahlreiche Fans gewonnen. Meisterhaft beherrscht er das Spiel mit der Sprache und vermag es, tief in die menschliche Seele zu blicken. Fitzgerald Kusz gilt als einer der bedeutendsten und erfolgreichsten zeitgenössischen Autoren in Bayern. Sein Werk ist nicht nur kulturell bereichernd, sondern auch von großer literarischer Tiefe geprägt. Es reflektiert gleichermaßen die regionale Identität und das allgemein Menschliche.“
Über seine Mundart-Dichtung schrieb Fitzgerald Kusz 2019 selbst in den Musenblättern:
„Dou beißt die Maus kann Fodn roo: Mein ostfränkischer Dialekt ist meine eigentliche Muttersprache. Ich bin in der Nachkriegszeit auf dem Dorf aufgewachsen, in der Büg, einem Ortsteil von Forth, dem heutigen Eckental. Die Mundart meiner Mutter und den bildkräftigen, fast schon archaischen Dialekt meiner aus dem Knoblauchsland stammenden Großmutter habe ich quasi mit der Muttermilch aufgesogen. Meine zweite Sprache war der Großstadt- Dialekt meines Berliner Vaters, den es nach dem Krieg der Liebe wegen nach Franken verschlagen hat.
Das Spannungsverhältnis zwischen diesen beiden total gegensätzlichen Dialekten hat mein Ohr für Sprachen schlechthin hellhörig gemacht. Auf dem Gymnasium hat man erfolglos versucht, mir meinen Dialekt auszutreiben. Ich war Fahrschüler. Im Zug schaltete ich sofort wieder auf den Dialekt um. So lernte ich sehr früh, was Sprachwissenschaftler heute natürlich auf Englisch – als „Code-Switching“ bezeichnen, die Fähigkeit, von einer Sprache auf die andere umzuschalten.
Im Laufe meines Studiums verbrachte ich ein Jahr als „assistant teacher“ in der englischen Provinz, um meine Englischkenntnisse zu verbessern. Ich mußte entweder Englisch oder im Unterricht Hochdeutsch sprechen. Da wurde mir zum ersten Mal schmerzhaft bewußt, wie sehr ich meinen Dialekt vermißte. Mir blieb nichts anderes übrig, als mit der Katze meiner Wirtin Fränkisch zu sprechen.
Während meines Studiums begann ich zu schreiben. Wie jeder junge Dichter natürlich Lyrik und noch dazu auf Hochdeutsch. Sprache war für mich Musik mit Worten. Ich war in diesen bewegten 68er Zeiten sehr stark von der englischen Pop-Musik inspiriert. Diesen Sound, diesen Rhythmus wollte ich mit meinen Gedichten imitieren. So kam ich zwangsläufig wieder auf meinen eigenen Dialekt zurück. Die Hochsprache war dafür viel zu schwerfällig. Sie „groovte“ nicht, sie hatte keinen „Beat“, keinen „Swing“. Man übersetze nur mal eine typische Blues-Phrase ins Hochdeutsche: „I go home to my baby“: „Ich gehe nach Hause zu meinem Mädchen.“ Wie furchtbar! Fränkisch war die Rettung: „Iich gaih hamm zu meim Maadlä“. Das paßte haargenau.
Vielleicht mußte ich erst diesen Umweg übers Englische nehmen, um endlich wieder zum unverwechselbaren Sound meiner Kindheit zurückzukehren! Gewissermaßen „Code- Switching“ andersherum! Seit nunmehr 49 Jahren schreibe ich im Dialekt. Ich habe versucht die Sprache meiner Kindheit literaturfähig zu machen. Inzwischen steht mein Dialekt auf der Liste der bedrohten Sprachen. Es wäre schade, wenn dieses einzigartige immaterielle Kulturgut verlorenginge. Ich werde nicht aufhören, gegen das Dialektsterben anzuschreiben:
Dia-Leckdigg
ohne meinä muddä iä schbrouch
kammi meim vaddä sei land
kreizweis!
Rechtzeitig zum Jubeltag ist ars vivendi Verlag eine herrliche Anthologie seiner schönsten Gedichte aus 50 Jahren erschienen: „Der beste Kusz“, die wir Ihnen hier bereits vorstellen durften.
Schließen wir uns heiteren Herzens der zahlreichen Schar der Gratulanten an, die Fitzgerald Kusz heute, an seinem 80. Geburtstag hochleben lassen und rufen ihm, auch in der Erwartung vieler neuer Gedichte zu: „Ad multos annos!“
Gedichte von Fitzgerald Kusz in den Musenblättern → hier !
Rezensionen seiner Bücher in den Musenblättern → hier !
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