Das tut gut sein, krah!

Rainer W. Kreusch bearbeitet Andersens Märchen „Die Schneekönigin“ für die Bühne

von Frank Becker
Premiere im KJT: „Die Schneekönigin“
 
Das tut gut sein, krah!
 
Rainer W. Kreusch bearbeitet Andersens Märchen für die Bühne
 
Der Wuppertaler Schauspieler und Bühnenautor Rainer W. Kreusch hat sich einer Erzählung des dänischen Märchenschriftstellers Hans Christian Andersen angenommen und „Die Schneekönigin“ für das Kinder- und Jugendtheater frei bearbeitet. Es ist ihm dabei gelungen, die wie so oft bei Andersen komplizierte Geschichte auf ein Maß zu raffen, das dem jungen Zuschauer begreifbar und verfolgbar bleibt, und er hat der Handlung über die Figur des lustigen und klugen Raben einen Sympathieträger gegeben, der einen roten Faden spinnt.

Das Märchen, erzählt von dem Jungen Kai (Marc Wagenbach), der, vom verirrten Splitter eines zerbrochenen Zauberspiegels getroffen, sein Herz verhärtet, Freunde und Familie verläßt und in die Hände der kalten und bösen Schneekönigin (Rita Reineke) gerät. Seine Freundin Gerda (Daniela Lübbertsmeier) hat ihn zu lieb, als daß sie ihn vergessen und aufgeben könnte und nimmt eine lange, beschwerliche Reise auf sich, um ihn zu finden und zu retten. Mit Hilfe eines liebenswerten Raben (Uwe Weinreich) gelingt ihr das schließlich, und die Geschichte findet ein gutes Ende. Daß sich Gerda und Kai zum Schluß in den Armen liegen und der brave Rabe nebenbei eine entzückende Rabin gefunden hat, versteht sich am Rande.
     Herwig Mark hat das Stück umsichtig besetzt und inszeniert, hierbei von Kreusch unterstützt - eine fruchtbare Zusammenarbeit. Für ein brillantes wie einfaches, fast expressionistisches Bühnenbild sorgte Laurentiu Tuturuga, der der schlichten weißen Dekoration durch raffinierte Lichteffekte Ausdruck von Wärme wie Kälte, Ruhe wie Bewegung zu geben verstand. Hübsch und von den Kindern mit Spannung beobachtet der Umbau auf offener Bühne durch weiß gekleidete Helfer. Auch die Ideen zu den herrlichen Kostümen sind Tuturuga zu danken - Eva Droste-Wagner hat sie liebevoll und mit großem Geschick ausgeführt.
     Uwe Weinreich beherrschte als Rabe durchgängig, wenn auch dezent die Bühne, die Kinder liebten den verschmitzten und schlagfertigen Gesellen zu Recht. Marc Wagenbach hatte als Kai eine schwierige Rolle, er blieb etwas farblos gegen seine artige wie liebevolle Partnerin Daniela Lübbertsmeier und die mehrfach besetzten Damen Rita Reineke (u.a. als Schneekönigin), Julia Penner zum Beispiel als Butterblume (hier ganz köstlichl), und vor allem Susana Sucic als Koboldin und eine besonders zauberhafte und schicke Rabin, kokett und warmherzig, die bunte Akzente setzen konnten. Zu kurz kam die Musikvon]ürgen Sonnenschein, da hätte es ein wenig mehr sein dürfen.
     Die Aufführung litt etwas unter der Akustik, mitunter blieb der Text unverständlich, in die Kulisse, ins Kostüm oder einfach zu leise gesprochen. Das Problem ist erkannt und wird bearbeitet. Leider überschätzten einige stolze Eltern die Aufnahmefähigkeit ihrer mitgebrachten Kleinkinder, was zu häufigen Störungen führte. Das muß auch im Kinder- und Jugendtheater nicht sein.
Den Erfolg der Aufführung dürfen sich zu gleichen Teilen Kreusch, Weinreich, Tuturuga, Mark und das Ensemble anrechnen.
 
Frank Becker, 20.11.1996