Das schleichende Grauen

Edgar Allan Poes "Der Fall des Hauses Ascher" - gelesen von Ernst Jacobi

von Robert Sernatini
"A faint cold fear thrills through my veins" (Romeo und Julia, 4. Akt)

Er war ein Meister des schleichenden Schreckens, dessen kalte und erbarmungslose Hand das Herz des Lesers packt und mit eisigem Griff umklammert hält, bis - ja, bis dieser sich völlig wehrlos in die bodenlose Tiefe eines Maelströms des Grauens gezogen fühlt. Edgar Allan Poe (1809-1849) wurde mit dem Gedicht "THe Raven" und Erzählungen wie u.a. "Metzengerstein", "Hop Frog", "The Pit and the Pendulum", "A Descent into the Maelström", "The Tell-Tale Heart", "The Facts in the Case of M. Valdemar" und "The Fall of the House of Usher" zum Vater der mit leisen Mitteln sehr effektiv arbeitenden Gruselgeschichte, zur literarischen Legende am Anfang eines Genres, das später von Sukzessoren wie Charles Baudelaire, H.P. Lovecraft, Arno Schmidt und Eugen Egner besetzt wurde.

Arno Schmidt hat auch Poes lyrisches wie Prosa-Werk ins Deutsche übertragen, wobei ihm da weit höhere
Bedeutung als angemessen gegeben, Aufmerksamkeit geschenkt und ein Rang zugewiesen wird, den andere ebenso beanspruchen dürfen. So ist die Übersetzung von "The Fall of the House of Usher (Der Fall des Hauses Ascher)" zwar brillant, jedoch um keinen Deut besser als z.B. die von Helmut und Christel Wiemken ("Der Untergang des Hauses Usher"). Schmidts deutsche Fassung liegt jetzt, großartig spröde von Ernst Jacobi gelesen, als Hörbuch des Schweizer Verlages Christoph Merian vor. Die Verpflichtung des 1933 in Berlin geborenen Ausnahme-Schauspielers Ernst Jacobi war der eigentlich geniale Griff bei dieser Produktion. Wohl niemand sonst hätte dem Hörer unterkühlter, angsteinflößender die beklemmende Geschichte um den schrecklichen Verfall und Tod der Letzten des Geschlechts der Usher und deren Stammsitz vermitteln können. Die überwiegend fast unhörbar dem schauerlichen Text unterlegte Musik (Uli Scherrer spielt "Letzter Walzer" von Carl Maria von Weber) paßt, ist aber - zumal in den oft zehn und mehr Sekunden langen Lesepausen - deutlich zu niedrig ausgesteuert. Hier scheitert die Dramaturgie an der Tontechnik. Blendet man als Zuhörer das jedoch bewußt aus, bleibt der ungeschmälerte Genuß der Lesung Ernst Jacobis.    

Ab heute, dem 200. Geburtstag Edgar Allan Poes ist dieses faszinierende Hörbuch im Handel. Eine Empfehlung der Musenblätter-Redaktion.
Beispielbild


Edgar Allan Poe
Der Fall des Hauses Ascher
Übersetzung von Arno Schmidt

gelesen von Ernst Jacobi

Literatur | Hörbuch (1 CD)
Laufzeit: 56:06

© 2009 Christoph Merian Verlag, Basel

CHF 19.90 / € 12.00
ISBN: 978-3-85616-417-1

Weitere Informationen unter:
www.merianverlag.ch