Elementar!

Louise Jallu – „Jeu“

von Sabine Kaufmann

Elementar!
 
Moderne - und Klassik à jour gebracht
Bandoneon ohne Tango, aber unter Spannung
 
Mathias Lévy (Violine), Grégoire Letouvet (Klavier) und Louise Jallu (Bandoneon) eröffnen dieses außergewöhnliche Album gewaltig und mitreißend mit Louises Komposition Schumann et Wozzeck. Das ist die konzentrierte Wucht handgemachter musikalischer Impressionen. Die Bandoneon-Virtuosin Louise Jallu hat ein Album mit eigenen Werken und Verschmelzungen mit /Anlehnungen an große Namen der gegenwärtigen und der die Zeit überdauernden Musik-Kultur geschaffen, das voller Abenteuer, neuer Klänge und Harmonien steckt. Der zweite Titel Une milonga en mi majeur baut einen enormen Spannungsbogen auf, der nach 6:00 weich ausfedert – und Pugnani–Jallu, hinreißend von einem Martinshorn und Mathias Lévys Violine eingeleitet und fürderhin vor dieser bestimmt (Gaetano Pugnani wäre hingerissen), bis nach 3:20 das Klavier mit wuchtigem Schlag übernimmt, um wenig später zart vom Bandoneon abgelöst zu werden. Das Meer der Ruhe aber bäumt sich gegen Ende wieder auf und endet im Alltags-Straßen-Chaos mit Martinshorn. Spannend!
 
In Mon Boléro zelebriert Luise Jallu vor dem schleppenden Rhythmus des Originals (Schlagzeug: Ariel Tessier) in virtuoser Weise und herrlichen Untertönen Meister Ravel, bricht den Rhythmus bei 3:45,  nimmt 30 Sekunden vor Schluß Ravel noch mal beim Wort und läßt das Stück in einer Kaskade enden. Selten habe ich eine schönere Interpretation gehört. Violine, Klavier und Bandoneon wetteifern in Jallus Une milonga en blues um das Ohr, alle sind Sieger. J.S. Bachs zarter Sonate Nr. 3 E-Dur für Violine und obligates Cembalo, BWV 1016 verleiht sie im Mittelteil ungewöhnliche Turbulenzen – hat es aber angekündigt.
Es folgen noch Georges Brassens´ Toi qui as besoin d’eau mit der Stimme von Cali, das Brassens gefühlvoll gerecht wird sowie zwei Eigenkompositionen Jallus, das dramatische  La milonga transfigurée (mit dem Bandoneon als beherrschendem Instrument) und À Gennevilliers, toujours, mit beeindruckendem Temeperaments-Wechsel und Platz für die Soli der Protagonisten.
 
Louise Jallu – „Jeu“
© 2024 Klarthe Records (CD KRJ048)
 
Louise Jallu [bandoneon & comp] - Mathias Lévy [viol] - Karsten Hochapfel [e-guit] - Grégoire Letouvet [keys] - Alexandre Perrot [bass] - Ariel Tessier [dr] - Gino Favotti [sounds]  Arrangements: Louise Jallu & Bernard Cavanna 
*Gäste: Cali [voc, 7]  Coco-Grace Caliciuri [cello, 7] 
 
1. Schumann et Wozzeck - [4’44, L. Jallu] - 2. Une milonga en mi majeur [6’23, L. Jallu] 3. - Pugnani–Jallu [8’16, Fritz  Kreisler nach Prélude et Allegro] - 4. Mon boléro [7’28, L. Jallu nach Maurice Ravel] - 5. Une milonga en blues [5’28, L.  Jallu] - 6. B.W.V 1016, sous turbulences [4’36, L. Jallu nach Johann-Sebastian Bach] - 7. Toi qui as besoin d’eau* [4’48,  Georges Brassens nach Les Sabots d’Hélène] - 8. La milonga transfigurée [5’08, L. Jallu] - 9. À Gennevilliers, toujours [5’01,  L. Jallu]
Gesamtzeit: 50’32 
 
Weitere Informationen:  www.klarthe.com  -  www.cubus-music.de