Die Gräben sind tief

Bundestagsdebatte über Sondervermögen

von Lothar Leuschen​

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Die Gräben sind tief
 
Bundestagsdebatte über Sondervermögen
 
Von Lothar Leuschen
 
Die erste Lesung ist absolviert. Der alte, eigentlich abgewählte Bundestag debattierte über das historische Schuldenpaket, das Union und SPD schnüren wollen, um die Bundeswehr aufzurüsten und die Infrastruktur Deutschlands auf Vordermann zu bringen. Die Redeschlacht offenbarte die altbekannten Frontlinien und zeigte, wie tief die Gräben zwischen den Parteien sind – ausgehoben im Wahlkampf und auch durch so manches Stammtischgebaren in den Tagen danach. Obendrein sind die Bedenken der Grünen und der FDP durchaus nachvollziehbar und wiegen schwer genug, um am Zustandekommen des Finanzierungspaketes zu zweifeln, ganz abgesehen davon, wie das Bundesverfassungsgericht die Rechtmäßigkeit der Sondersitzung des alten Bundestages letztlich bewertet. Dabei hat sich vor allem der designierte Bundeskanzler, Friedrich Merz, reichlich Mühe gegeben. Aber die von ihm im Plenum angekündigten 50 Milliarden Euro für den Klimaschutz wirkten einmal mehr so, also wolle er die Öko-Partei auf der Zielgeraden noch schnell einkaufen. Verhandlungsgeschick konnte der CDU-Chef in den vergangenen Tagen nicht gerade als seine Kernkompetenz herausstellen, wenngleich er in der Sache recht hat. Auch Klimaschutz muß ein zentrales Thema künftiger Regierungen sein.
 
Die Fragen für die kurzfristige Politik in Deutschland liegen auf der Hand: Braucht es mehr Geld für Rüstung? Ja. Braucht Deutschland Investitionen in seine kaputt gesparte Infrastruktur? Ja. Sind dafür wirklich annähernd 1000 Milliarden Euro neue Schulden notwendig? Vielleicht. Bisher erweckt der Infrastrukturteil der Neuverschuldung noch zu sehr den Eindruck, als wolle sich die neue Bundesregierung Beinfreiheit für nachrangig wichtige Themen erhalten. Stattdessen müssen Steuer-, Sozialsystem und Subventionen auf den Prüfstand mit dem Ziel, Geld zu finden – für Infrastruktur und Verteidigung. Jetzt ist keine Zeit mehr für Klientelpflege. Jetzt ist Zeit für den Politikwechsel, den die Union versprochen und den Deutschland dringend nötig hat. Es ist Zeit für Klarheit, Wahrheit und den Mut, den Bürgerinnen und Bürgern etwas zuzumuten. Die meisten sind bereit dazu.
 
 
Der Kommentar erschien am 20. März in der Westdeutschen Zeitung.
Übernahme des Textes mit freundlicher Erlaubnis des Autors.