Die Zukunft der Kirche

Der neue Papst wird Weichen stellen müssen

von Lothar Leuschen​

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Die Zukunft der Kirche
 
Der neue Papst wird Weichen stellen müssen
 
Von Lothar Leuschen
 
Die Zukunft der Kirche liegt nicht in Europa. Das war die Überzeugung von Papst Franziskus, der am Ostermontag im Alter von 88 Jahren gestorben ist. Die Zukunft der katholischen Kirche liegt nach seiner Überzeugung in Lateinamerika, Afrika und in Asien. Dem hat Papst Franziskus in der Zeit seines Pontifikats Rechnung getragen. Die Zahl der Kardinäle aus diesen Regionen des Erdballs ist zulasten der Würdenträger aus Europa deutlich gestiegen. Möglicherweise läßt sich daran ablesen, woher der Nachfolger von Franziskus kommt, wenn die 135 Kardinäle ihr Konklave erfolgreich abgeschlossen haben, wenn über der Sixtinischen Kapelle in Rom weißer Rauch aufsteigt. Auf den neuen Mann an der Spitze von insgesamt 1,4 Milliarden Katholiken wird es ankommen. Die katholische Kirche steht an einem Scheideweg. Und an ihr wird aus unterschiedlichen Richtungen gezogen. Die Entwicklung in Europa ist eine vollständig andere als in Afrika, wo sie an Zuspruch gewinnt. Und während sie in Lateinamerika stabil die Rolle einer Kämpferin für die Armen einnimmt, ist sie abseits der Philippinen in weiten Teilen Asiens auf der Suche nach Wahrnehmbarkeit.
 
Es ist nicht zuletzt diese Vielfalt in den Ausgangspositionen, die es der katholischen Kirche in der Vergangenheit schwer gemacht hat, Profil zu bilden und die moralische Instanz zu sein, die Papst Franziskus zu Beginn seines Pontifikates für sich und seine Kirche nach dem eher introvertierten Benedikt VXI. vorsah. Daß es dazu kaum gekommen ist, liegt auch an den Kräfteverhältnissen in der Kirche selbst. Ein Papst braucht reichlich Stärke und noch mehr weltweiten Rückhalt, um sich gegen den starren Machtapparat im Vatikan behaupten zu können. Franziskus ist das bei allem verbrieften Reformeifer nicht tiefgreifend gelungen. Für die Zukunft der Kirche ist es nun an seinem Nachfolger, der katholischen Weltkirche eine vernehmbare Stimme zu geben, die für die Armen in der Welt spricht, eine Stimme, die Frieden stiftet, eine Stimme mit der die Katholiken, die Rolle der Frauen in ihrer Kirche neu definiert, eine Stimme, die der Kirche auch in Deutschland hilft, die schweren Sünden der Vergangenheit zu sühnen.
 
 
Der Kommentar erschien am 23. April in der Westdeutschen Zeitung.
Übernahme des Textes mit freundlicher Erlaubnis des Autors.