Der Osten ist verloren
Die AfD im Höhenflug in Sachsen-Anhalt
Von Lothar Leuschen
Das mittlerweile stetige Umfrage-Feuerwerk im politischen Deutschland hat eine neue Rakete hervorgebracht. Und die ist ein Donnerschlag. In Sachsen-Anhalt käme die AfD aktuell auf 39 Prozent der Wählerstimmen. Sie läge damit zwölf Punkte vor der Union, die in Rainer Haselhoff den durchaus beliebten Ministerpräsidenten stellt. Dessen angekündigter Rückzug mag zum Höhenflug der Nazipartei beitragen. Gewiß ist das nicht. Und wichtig ist es auch nicht.
Denn für die demokratischen Mitbewerber ist es spätestens jetzt an der Zeit, sich vom Umfragewahn zu emanzipieren. In Wahrheit ist es nämlich egal, wie viele Ostdeutsche oder Westdeutsche aktuell den braunen Club wählten. Es sind ja keine Wahlen. Was in der Republik in den vergangenen zwei, drei Jahren auch geschah und geschieht, stärkt rätselhafterweise ohnehin immer die Partei, deren Vorsitzende sich nicht einmal schämt, den Todesfall einiger Kommunalwahlkandidaten ihrer Partei mit Verschwörungsverdacht zu instrumentalisieren. Dümmer geht’s nimmer. Sich mit solcher Qualität auseinanderzusetzen, ist Zeitverschwendung.
Die braunblaue Botschaft aus letztlich allen neuen Bundesländern lautet vielmehr, vernünftige, transparente, konsequente Politik zu machen, die auch den 75 Prozent erklärt wird, die in ganz Deutschland der AfD und deren Personal noch nicht auf den Leim gegangen sind. Das bedeutet, das Thema Zuwanderung sachlich zu betrachten und nach den Regeln geltenden Rechtes zu organisieren. Es bedeutet den Mut zu grundlegenden Reformen, die auch schmerzhaft sein dürfen, wenn ihr Nutzen am Horizont sichtbar wird. Es bedeutet die Rückkehr zu konstruktiver Politikauseinandersetzung im Wettbewerb mit einer ebenso konstruktiven Opposition. Zu der gehört die AfD nachweislich nicht. Den Osten hat sie dennoch schon gewonnen. In Stein gemeißelt ist das aber nicht. Vor allem Union, SPD und Grüne können in den nächsten Monaten darüber entscheiden, ob sie ihn behalten darf.
Der Kommentar erschien am 5. September in der Westdeutschen Zeitung.
Übernahme des Textes mit freundlicher Erlaubnis des Autors.
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