Danke, Meißen!
Oberbürgermeisterwahl: AfD-Mann fällt durch
Von Lothar Leuschen
Die Nachrichtenlage aus den ostdeutschen Bundesländern ist gemeinhin schlecht. Die erwiesen rechtsextremistische AfD eilt von Mecklenburg-Vorpommern bis Sachsen von Umfrageerfolg zu Umfrageerfolg. Jüngst geriet die Republik annähernd in Schockstarre, als Demoskopen für die Wahl in Sachsen-Anhalt vorhersagten, daß die nationalsozialistisch verseuchte Truppe um Weidel und Chrupalla 39 Prozent der Stimmen erhielte, wenn am Sonntag Wahlen wären. Die sind aber erst in einem Jahr. Noch kann der Rest der Republik aufatmen. Und das fällt ihr leichter, wenn aus den neuen Ländern auch einmal Zeichen der Hoffnung gesendet werden. Das ist nun geschehen. Im sächsischen Meißen mußte in einer Stichwahl der neue Oberbürgermeister gewählt werden. Und es kam eben nicht, wie es viele Beobachter womöglich schon resignierend erwartet hatten. Der von der AfD unterstützte Kandidat landete gegen den parteilosen Mann weit abgeschlagen auf Platz zwei, hinter dem unter anderem CDU, SPD und Linke standen. Es ist also auch in Sachsen kein Selbstläufer, daß die AfD in den nächsten Jahren die faulen Früchte erntet, die sie in den vergangenen Jahren gesät hat.
Es mag natürlich sein, daß es die Rechtsextremisten mit ihrer Kandidatenwahl übertrieben haben, als sie einen Mann unterstützten, der einst Mitglied in der NPD war und später den Verein „Schwarze Sonne Meißen“ gründete, um dunklen Germanenkult pflegen zu können. Respektloser kann der Umgang mit der Demokratie und dem kommunalen System kaum sein. Dieses Verhalten entlarvt die AfD als das, was sie ist: eine durch und durch destruktive Kraft, der es in jeder Hinsicht an Qualität, Integrität und moralischem Kompass fehlt. Deshalb ist es gut, daß die Wählerinnen und Wähler in der kleinen, aber weltberühmten Porzellanstadt Meißen zeigen, daß die weit überwiegende Mehrheit der Menschen auch in den neuen Bundesländern nicht vom Ausländer-Raus-Virus befallen ist. Sie senden das Signal aus, daß der Osten eben nicht verloren ist, sondern sehnlichst darauf wartet, daß die Verwucherungen der Wiedervereinigung endlich beseitigt werden. Geschieht das, schrumpft auch das braune Gespenst wieder.
Der Kommentar erschien am 9. September in der Westdeutschen Zeitung.
Übernahme des Textes mit freundlicher Erlaubnis des Autors.
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