Mozart, die Schwebebahn
und das Glück der Musik
Hanns-Josef Ortheil: Sein neues Amadeus-Buch
spielt unter anderem im Tal
Der 250. Geburtstag von Wolfgang Amadeus Mozart hat in seinem Sog Musiker aller Couleur zu Darbietungen, Plattenlabels zu Aufnahmen und Schriftsteller und ihre Verlage förmlich zu Veröffentlichungen genötigt. Einer, der sich da ungern ausgeschlossen hat, ist Hanns-Josef Ortheil, dessen kenntnisreiche und wortgewaltige Künstler-Roman-Trilogie („Faustinas Küsse“, „Die Nacht des Don Juan“, „Das Licht der Lagune“) ihm einen hohen Rang in der deutschen Belletristik verschafft hat. Bereits vor 20 Jahren hat er sich in seiner Studie „Mozart im Innern seiner Sprache“ mit dem Genius auseinander gesetzt. Später sorgte er mit dem farbenfroh erfundenen Don-Giovanni-Roman „Die Nacht des Don Juan“ für opulentes ` Lesevergnügen. Nun, zum Jubeljahr, nahm er den Faden des Amadeus wieder auf.
In Ortheils Buch „Das Glück der Musik - vom Vergnügen, Mozart zu hören“ läßt er den Leser in Form eines Hör-Tagebuchs an seinem eigenen, wörtlich zu nehmenden Mozart-Jahr teilnehmen. Vom 27. Januar 2005 bis 27. Januar 2006 hat der Mozart-kundige Autor - der nicht nachläßt, sein Kennertum unaufhörlich zu unterstreichen - dem Werk des Geburtstagskindes von transportablen Tonträgern, am Plattenspieler, im Konzert gelauscht: im Café, im Stuttgarter Zoo, zu Hause beim Kramen in den Mozart-Schallplatten aus der Kindheit, beim Campari Soda an der italienischen Adria, im Zug nach Frankfurt, natürlich in Salzburg, in Bacharach am Rhein, in der Westerwälder Waldhütte und sich selbst am Flügel.
Und dann kommt Wuppertal mit seiner Schwebebahn ins Spiel. Unter dem 25. Juni 2005 notiert Hanns Josef Ortheil: „Wuppertal (Violinkonzerte KV 211, 216, 218, 219). Mit einem Tagesticket kann man den ganzen Tag durch Wuppertal Schwebebahn fahren, von Vohwinkel bis Oberbarmen und zurück, der längste Teil der Strecke verläuft direkt über der schmalen Wupper, nur in Vohwinkel überquert man Straßen und Plätze und fährt zwischen den nahen Häuserfassaden etwa auf Höhe des ersten Stocks so hindurch, daß man hier und da noch in die Wohnungen schauen kann.“ Ortheil kennt das noch aus seiner Jugend, hat er doch einen Teil davon inklusive Schulzeit am Wilhelm-Dörpfeld-Gymnasium in Wuppertal erlebt, bevor die Familie nach Köln zog - zu entnehmen seiner autobiographischen Schrift „Das Element des Elephanten - Wie mein Schreiben begann“.
Er beschreibt das „solistische Schweben“ der Geradeaus-Fahrt der hindernisfreien Bahn, das Pendeln in den Kurven und das Auspendeln an den Haltestellen, erinnert sich bei der Vorbeifahrt am Zoo-Stadion an die Sportstunden der Kindheit und genießt einen Kaffee am Berliner Platz. Ein Intermezzo.
Hanns-Josef Ortheil – „Das Glück der Musik“
© 2006 Luchterhand Literaturverlag, 221 Seiten, Klappenbroschur,
10,- €
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