Klangabenteuer und Märchenstunde

oder: Rapunzel, neu verföntont

von Frank Becker
Klangabenteuer und Märchenstunde
oder
Rapunzel, neu verföntont
 
Judith Kuckarts „Hundstage“ auf der insel
 
Konzept, Text, Regie: Judith Kuckart – Musikalische Leitung und Komposition: Wolfgang Schmidtke – Produktion: Sabine Stücker – Assistenz: Frank Herfeld
Mit: Luise Kinner (Schauspiel, Gesang) – Salome Amend (Vibraphon) – Raissa Mehner (Gitarre)
 
Wer die Novelle „Die Judenbuche“ von Annette von Droste-Hülshoff nicht kennt, hat mindestens in den zurückliegenden 60 Jahren in Deutschunterricht gepennt – und bei diesem Stück einen Nachteil als Zuschauer. Wer das Leben der Droste nicht kennt, hat das Spuren hinterlassende Germanistik-Seminar von Prof. Heinz Rölleke verpaßt - und einen Nachteil als Zuschauer. Mit Heinz Röllekes Kommentaren zu den Märchen der Brüder Grimm, speziell zu KHM 12, hätte man vielleicht die Nase etwas vorne, um den dritten Strang der „Hundstage“ von Judith Kuckart zuordnen zu können. Wer aber nicht, einen Nachteil … Sie wissen schon.
 
Die „Hundstage“, die am vergangenen Samstagabend ihre Uraufführung auf der „insel“ im Wuppertaler ADA erlebten bilden einen von Judith Kuckart mit Sorgfalt und Raffinesse geflochtenen literarischen Zopf  aus den oben genannten drei Strängen, erzählt, musikalisch unterlegt und gesungen von drei Künstlerinnen: Luise Kinner (Schauspiel, Gesang) – Salome Amend (Vibraphon) – Raissa Mehner (Gitarre). Die eine gute Stunde währende Vorstellung suggeriert, unterlegt mit Musik und teils verstörenden Klängen, eine Verbindung der Dorste und ihrer true crime"-Figur Friedrich Mergel und versucht eine Brücke von der Zeit, in der man sich zu Hause mangels heutiger Unterhaltungs- und Kommunikations-Elektronik noch Märchen erzählte und Briefe schrieb zum Heute mit Obdachlosen in Warenhauseingängen zu schlagen. Was schlechterdings nicht recht funktionierte. Ein Genuß hingegen waren die Erzählstimme Luise Kinners, die Wolfgang Schmidtke zu verdankenden ätherischen Klänge von Salome Amends Vibraphon und die dreistimmigen Lieder der drei Damen. Abenteuerlich und zum Teil durchaus (an)spannend gestalteten sich mit Bottleneck, Spoon und allerlei Repeater- und Sound-Elektronik einige der Passagen der Gitarre. Daß die Stimme Raissa Mehners leider kaum wahrnehmbar war, goß bittere Wermutstropfen in den Wort/Klang-Cocktail, der wie oben beschrieben eh nur Eingeweihten völlig zugänglich ist.
 
Leider muß diese Besprechung ohne Illustrationen auskommen, da die Veranstalterin unserem zum Termin erschienenen Fotografen das Fotografieren untersagte und selbst keine brauchbaren Fotos zur Verfügung stellen konnte.
 
Das Stück ist am 28.9. 2025 noch zweimal im domicil Dortmund zu erleben:
• Dortmund, domicil, Hansastr. 7–11
So, 28. September 2025, 13:00 & 18:00 Uhr
Hansastrasse 7-11, 44137 Dortmund,
Karten: 18,- € / 8,- € (VVK inkl. Gebühren) 20,- € / 10,- € (AK)