CDU braucht den Neustart
Wuppertaler Meinung und Dialog
Von Lothar Leuschen
Die ersten Reaktionen aus der Wuppertaler CDU haben am vergangenen Sonntag aufhorchen lassen. Parteichef Johannes Slawig verordnete seiner vom Wähler verprügelten Partei den Gang in die Opposition. Eine Koalition mit der SPD solle es auf keinen Fall geben, allenfalls Zusammenarbeit in Einzelfällen. Daß Slawig sich überhaupt noch zur Zukunft der CDU äußert, ist dabei überraschend. Es soll schon Parteivorsitzende gegeben haben, die nach weniger desaströsen Wahlergebnissen abgetreten sind.
Nun ist nicht klar, ob Slawigs Empfehlungen die eines schlechten Verlierers sind oder die eines schlechten Parteivorsitzenden. Aber schlecht sind sie in jedem Fall. Ganz abgesehen davon, daß für Stadträte Koalitionen und Opposition grundsätzlich nicht vorgesehen sind, weil lösungsorientierte Zusammenarbeit gefragt ist, fällt der Parteichef sowohl seiner Partei als auch deren Spitzenkandidat in den Rücken. Für die CDU als Ganzes ist die Haltung Slawigs der Weg in die Sackgasse. Als zweitstärkste Fraktion im Rat wird sie im Grunde aus der politischen Arbeit genommen. Als Erfüllungsgehilfe in Einzelfällen wird es den Christdemokraten schwerfallen, in Wuppertal eigene Duftmarken zu setzen. Politische Arbeit erfordert Kontinuität, am besten auf hohem Niveau. Das sollten Partei und Fraktion in den vergangenen Jahren gelernt haben. Haben sie anscheinend aber nicht. Stattdessen ließ die CDU sich zum Knüppel machen, mit dem der Parteivorsitzende zunächst auf Oberbürgermeister Uwe Schneidewind einschlug und danach auf den parteieigenen Spitzenkandidaten für die OB-Wahl, Matthias Nocke.
Daß Slawig seine Partei künftig im Rat an den Katzentisch mit der AfD setzen will, ist auch nicht gerade ein Liebesdienst. Und er wirft Nocke obendrein abermals Knüppel zwischen die Beine. Seine Absage an eine konstruktive Zusammenarbeit mit der SPD bringt Nocke in Not. Der will im Dezember als Dezernent für Kultur, Sport, Sicherheit und Ordnung wiedergewählt werden. Nach Lage der Dinge und den Regeln des kleinen Einmaleins benötigt er dafür auch möglichst viele Stimmen aus der SPD-Fraktion. Deren Mitglieder werden die Worte Slawigs nach der Wahl sicher gehört haben. Eine Motivation, den CDU-Mann Nocke zu unterstützen, dürften sie daraus kaum ableiten, zumal der ja auch im Wettstreit mit der Sozialdemokratin Miriam Scherff lag.
Dabei kann es sinnvoll sein, sich das seitens der SPD nach dem berechtigten Siegestaumel möglichst nüchtern zu überlegen. Denn es ist von Vorteil, im Verwaltungsvorstand neben Sozialdezernentin Annette Berg noch jemanden zu haben, der sich in Wuppertal sehr gut auskennt. So viele gibt es davon schließlich nicht. In der Dezernentenriege sind inzwischen die Wahlbeamten bedenklich unterrepräsentiert, die ihren Lebensmittelpunkt in der Stadt haben, in der sie für acht Jahre gewählt wurden und für die sie arbeiten sollen. Das alles ist dem noch amtierenden Vorsitzenden der CDU sicher bekannt, offenbar jedoch gleichgültig. Das ist erstaunlich.
Unabhängig davon ist es für die Wuppertaler CDU nun Zeit, sich neu aufzustellen. Zu lange schon macht sie sich bei Bundestags- und Landtagswahlen zum Gespött der Republik. Und bei der jüngsten Kommunalwahl zehn Prozentpunkte unter dem Landesergebnis zu bleiben, ist Zeugnis einer eklatanten Minderleistung. Angesichts von 14 rechtsextremistischen Mandatsträgern im neuen Stadtrat wird die CDU dennoch als bürgerliche Kraft der Mitte benötigt. Wer wie Slawig vor diesem Hintergrund verläßliche, kontinuierliche Zusammenarbeit mit dem Wahlsieger SPD kategorisch ausschließt, hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt, oder sie sind ihm egal. In beiden Fällen ist er als Parteichef nicht mehr geeignet.
Der Kommentar erschien am 4. Oktober in der Westdeutschen Zeitung.
Übernahme des Textes mit freundlicher Erlaubnis des Autors.
Redaktion: Frank Becker
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