Dieses Buch ist ein Geschenk

Anna Katharina Fröhlich – „Die Yacht“

von Frank Becker
Der Reichtum glanzvoller Sprache
 
Dieses Buch ist ein wunderbares Geschenk
 
Eine Sommernovelle nennt Anna Katharina Fröhlich ihren jüngsten literarischen Wurf „Die Yacht“ bescheiden, doch verbirgt sich zwischen den beiden Buchdeckeln auf 164 Seiten weit mehr als „nur“ eine luftige Sommergeschichte von überschaubarer Handlung als Momentaufnahme.
Martha Oberons Sommernachtstraum soll mehr als eine Nacht währen: Drei Monate will die junge Zeichnerin aus London in der italienischen Stadt N. verbringen, um an der Akademie der Schönen Künste das Malen in Öl zu lernen. Eines Abends trifft sie auf Salvatore Spinelli, einen ungreifbaren Luftgeist und Nachkommen jener wunderbaren Familie der Taugenichtse, die zu leben verstehen und viel Zeit für das Lesen und Schauen haben. Er nimmt Martha mit auf eine Reise nach Sizilien, wo beide nahe Palermo in das Getriebe des mondänen Haushalts ihrer französischen Gastgeber Madame und Monsieur Tabarin geraten.“ So umreißt der Verlag elegant den Beginn der Geschichte, die Martha die Geheimnisse der Malerei, der Kulinarik, der undurchschaubaren Gesellschaft der Reichen und nicht zuletzt der Liebe lehren wird. Daß die Analyse der Namen der Dramatis personae nicht ohne Bedeutung ist, wird schnell offenbar.
 
Der Leser versinkt geradezu, bitte wörtlich zu nehmen, in der feinsinnigen, bilderreichen Erzählung der Autorin, deren wunderbar fließenden, glanzvollen Sprache man sich nicht entziehen kann, deren Reichtum man schlürft wie einen berauschenden edlen Wein. Voller Bewunderung steht man vor diesem zitatenreichen Schatz, in dem Anna Katharina Fröhlich ganz nebenbei und wie selbstverständlich ihre Figuren Dostojewski, Platon und Bruce Chatwin, Joseph Roth, Aristoteles, Buddha und Dorothy Parker, Rabelais, Rousseau, Byron und natürlich Wilde, Proust nicht zu vergessen, zitieren läßt. Man schwelgt in der Üppigkeit der Beschreibung selbst im Kleinsten von Situationen, Kleidung, Dingen, Einrichtungen, ja sogar des Wetters, wie es wohl sonst kaum jemand anderes kann. Die Präzision ihrer Beobachtung, die delikate Wahl ihrer Worte, die sie ihren Personen bei den Gedanken und Gesprächen über Literatur und Filme, über Geschichte und Kunst in den Mund legt ist purer Genuß. 
 
Das betrifft ganz besonders den Blick, den Martha in der Villa der Malerin Mrs. Moore über deren in die Tiefe gehenden Naturbilder gewinnt und die Gespräche mit ihr, die ihr einen neuen Horizont der Malerei vermitteln. Wie Anna Katharina Fröhlich diesen Blick zum Ereignis macht ist für den Leser ein Bad in Erkenntnissen. Ebenso verhält es sich mit Marthas Rückbesinnung auf ihre erste Verliebtheit mit 17 Jahren, deren süßen Schmerz man an sich selber und den eigenen Erinnerungen wiedererkennt. Martha wird geläutert und als Siegerin aus diesem Sommernachtstraum hervorgehen. Soviel sei verraten. Mehr nicht.
 
„Die Yacht“ ist ein wunderbares Geschenk für den fühlenden Leser, für dessen Rang und besonderen Geist man Anna Katharina Fröhlich Dank schuldet. Wir statten ihr den mit unserem höchsten Prädikat ab, dem Musenkuß* mit Sternchen.
 
Anna Katharina Fröhlich – „Die Yacht“
Eine Sommernovelle
© 2024 Verlag Friedenauer Presse bei Matthes & Seitz, 164 Seiten, gebunden – ISBN 978-3-7518-8012-1
20,- €