Rentenfrage spaltet Unionsfraktion. Aber:

Die Reform wird kommen

von Lothar Leuschen​

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Rentenfrage spaltet Unionsfraktion. Aber:
 
Die Reform wird kommen
 
Von Lothar Leuschen
 
Die Junge Gruppe in der Berliner Unionsfraktion bekräftigt jeden Tag ihr Nein zur Rentenreform neu. Immer mehr Experten schließen sich an. Und ein erstes Wirtschaftsinstitut weist darauf hin, daß bald schon jeder dritte Euro im Bundeshaushalt als Zuschuß in die Finanzierung der gesetzlichen Rente fließen muß. Aber Bundeskanzler Friedrich Merz hält Kurs. Er will nicht von der Zusage an die SPD abrücken, daß das Rentenniveau ab 2032 ein Prozent höher ist, als im geltenden Recht vorgeschrieben. Daß er dafür Mehrkosten von mehr als 100 Milliarden Euro bis 2040 in Kauf nimmt, stößt inzwischen nicht nur den 18 Mitgliedern der Jungen Gruppe übel auf. Die Diskussion tritt auf der Stelle. Alle Versuche, sie einzufrieren und mit neuen Ideen und frischen Ansätzen später in der Legislaturperiode wieder aufzunehmen, scheitern aus verschiedenen Gründen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder drückt aufs Tempo, weil mit der Reform auch die teure, aber wenig effektive Mütterrente beschlossen werden soll. Und die hat die CSU im Wahlkampf hoch und heilig versprochen. Sozialministerin Bärbel Bas und die SPD lassen über die Reform nicht mehr mit sich reden, weil sie in der Rentenfrage mehr erreicht haben, als sie sich angesichts ihres erbärmlichen Wahlstimmenanteils je hätten träumen lassen können. Durch all das entsteht der Eindruck, daß Merz seine Kanzlerschaft teuer erkauft hat.
 
Trotz des Widerstandes in der eigenen Fraktion, trotz der Bedenken einiger Experten spricht alles dafür, daß die Reform im Dezember kurz vor Weihnachten beschlossen wird. Denn die Alternative ist, daß die schwarz-rote Regierungskoalition zerbricht. Und unter Neuwahlen litten vermutlich auch die eine oder der andere Vertreter der Jungen Gruppe. Den Rebellen im konservativen Lager bleibt deshalb nur, das Angebot des Kanzlers für einen Begleittext zum Gesetz zu nutzen. Darin sollte allerdings mindestens stehen, dass die amtierende Regierung sich verpflichtet, bis 2029 die Sozialsysteme für die Zeit nach 2031 so zu reformieren, daß sie auch in fernerer Zukunft bezahlbar soziale Sicherheit schaffen.
 
 
Der Kommentar erschien am 19. November in der Westdeutschen Zeitung.
Übernahme des Textes mit freundlicher Erlaubnis des Autors.
 Redaktion: Frank Becker