Politik ist Showgeschäft

Generaldebatte über acht Monate Schwarz-Rot

von Lothar Leuschen​

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Politik ist Showgeschäft
 
Generaldebatte über acht Monate Schwarz-Rot
 
Von Lothar Leuschen
 
Die Generaldebatte über acht Monate Regierung Friedrich Merz, über acht Monate Schwarz-Rot ist wieder einmal das erwartbare Redespektakel geworden. Abgesehen davon, daß der Kanzler in fast schon bemitleidenswerter Verzweiflung um Verständnis, Vertrauen und Unterstützung bat, taten die Protagonisten, was sie in solchen Situationen schon immer zu tun pflegen. Sie droschen verbal aufeinander ein. Dabei waren die Positionen auch vorher schon klar, der Erkenntnisgewinn tendiert mithin gegen null. Abgesehen davon, wie gesagt, daß der Kanzler beinahe präsidial auftrat. Das hat einen Grund. Merz ist nicht in der Lage, die Diskussion auf die Ergebnisse zu verlagern, die seine Regierung zweifellos bereits erreicht hat. Das gelingt ihm deshalb nicht, weil sich der Politikbetrieb in Deutschland in den vergangenen Jahren und mit steigender Intensität in Empörungswettbewerbe verstrickt. Deren Auslöser sind naturgemäß die sogenannten sozialen Medien, in denen jeder auch noch so großen Unsinn ungebremst verbreiten darf. Und die Made im Speck ist die AfD, die sich auf diesem Wege auch in der Generaldebatte im Bundestag zum Zentrum vieler Reden von Abgeordneten gemacht hat. Es geht mithin nicht mehr um Politik, sondern um Darstellung von Politik. Das Geschäft mit der Ordnung von Staat und Gesellschaft ist ein Showgeschäft geworden. Und gerade die gegenwärtigen Regierungsparteien beherrschen es nicht.
 
Dabei hat Friedrich Merz selbstverständlich recht damit, daß sich die großen Herausforderungen, die Versäumnisse der vergangenen 20 Jahre nicht in vier Jahren und schon gar nicht in knapp sieben Monaten beseitigen lassen. Parallel geht damit aber die Erkenntnis einher, daß vor allem sein Regierungspartner SPD im Überlebenskampf nach jedem Strohhalm greift, der ihr vor allem vom linken Lager der Politik hingehalten wird. Konsistente Regierungsarbeit ist dadurch und eben durch die allgemeine Sucht nach Empörung nicht möglich. Aber wenn die Regierung Merz überleben und Erfolg haben will, muß sie sich neu auf gemeinsam Machbares verständigen und es umsetzen, ohne auf das laut Merz „kleinteilige Gemäkel vom Straßenrand“ zu achten. Noch ist es nicht zu spät.
 
 
Der Kommentar erschien am 27. November in der Westdeutschen Zeitung.
Übernahme des Textes mit freundlicher Erlaubnis des Autors.
 Redaktion: Frank Becker