Hafturlaub im Spielzeug-Paradies

„Der Hochstapler – Roofman“ von Derek Cianfrance

von Renate Wagner
Der Hochstapler – Roofman
Roofman / USA 2025

Drehbuch und Regie: Derek Cianfrance
Mit: Channing Tatum, Kirsten Dunst u.a.
 
Wenn ein Mann, der Soldat war und danach nicht mehr den Boden unter den Füßen gewinnen kann, bei McDonald’s einbricht (sehr nett und höflich mit dem Personal übrigens, das er unbehelligt wegsperrt), nur um seiner sechsjährigen Tochter das gewünschte Fahrrad schenken zu können – dann wird er dem Publikum sympathisch sein. Wobei das Groteske an der vielfach grotesken Geschichte des „Roofman“ (weil er so souverän über die Dächer kam und ging) darin besteht – daß sie wahr ist. Daß Jeffrey Manchester, der wegen wiederholten Einbrüchen und wiederholten Ausbrüchen aus dem Gefängnis derzeit bis 2036 (!) „brummen“ soll, ein Echtmensch ist. Regisseur Derek Cianfrance hat mit „Roofman“ eine wahre Geschichte verfilmt, die ein paar Jahrzehnte zurück liegt.
Sie kommt auf der Leinwand zumindest längere Zeit (bevor sich die tragischeren Elemente verdichten) eher leichtfüßig und humorvoll daher. Channing Tatum, der sich im Lauf des Geschehens, das keine wirklich lange Zeit umspannt, tatsächlich verändert, von forsch und entschlossen bis zum gebrochenen Mann, hat keine Schwierigkeiten, das Publikum zu gewinnen.
 
Eigentlich versteht man nicht, warum dieser Jeffrey Manchester mit seinen unglaublichen Fähigkeiten von Beobachten, Kombinieren, Problemlösen keinen ehrlichen Weg fand, sein Leben zu führen, aber offenbar war es so. Was hinter seinen Überfällen an Vorbereitung steckt, erfährt man weniger, aber als Stimme aus dem Off erzählt er, wie trickreich sein erster Ausbruch aus dem Gefängnis verlief. Wobei man als Publikum ganz auf seiner Seite ist.
Und dann – ja, dann kommt der Clou. Denn er ist längere Zeit in einem Riesenkaufhaus für Spielsachen untergetaucht. Nachts gehört ihm der ganze Laden, die Drinks und Snacks ernähren ihn, er hackt sich in Computersysteme, er sieht über die Überwachungskameras dem Chef im Gespräch mit den Mitarbeiterinnen zu. Und als eine von ihnen den abweisenden Chef einlädt, doch zu ihrer religiösen Gruppe zu kommen, macht Jeffrey sich dorthin auf.
Hier verliert der Film, der in Jeffreys „Eroberung“ des Warenhauses als seine Übergangs-Heimatstation viel Witz hat, dann an Tempo. Wenn mit Leigh Wainscott (Kirsten Dunst als durch und durch sympathische amerikanische Durchschnittsfrau) ein Love Interest auftaucht, allein erziehende Mutter mit zwei Teenager-Töchtern, läßt er sich nach und nach ehrlich auf diese Beziehung ein (zumal es kein Zurück zu den geliebten Kindern der ersten Familie geben kann). Das ist allerdings für einen Mann ohne Papiere, Wohnsitz, Geld, kurz ohne alles, auf die Dauer nicht so leicht.
 
Man verrät nicht zu viel (hat es ja angesichts seiner endlosen Haftstrafe, die er nun absitzt), daß Jeffrey wieder ins Kriminelle abrutscht – und daß Leighs Besuch im Gefängnis tränenreich ausfällt. Im Nachspann erfährt man, daß sie im wahren Leben wieder geheiratet hat, was ja eher vernünftig ist. Jeffrey seinerseits (der weitere zweimal aus dem Gefängnis ausgebrochen ist, aber versichert hat, er werde es nicht mehr versuchen) beschert dem Kinopublikum zwischen Komödie und dem Tränendrüsen-Abgesang einen Film, der zwar kein Meisterstück ist, aber unterhält – und ein bißchen nachdenklich macht.