Vergiftete Praline
Bärbel Bas eröffnet Renten-Reformdebatte
Von Lothar Leuschen
Nach der Debatte ist vor der Debatte. Gerade erst ist es der Bundesregierung mit Ach und Krach gelungen, ein Rentenpaket zu verabschieden, das den Namen „Reform“ nicht verdient, da meldet sich die zuständige Fachministerin zu Wort. Ob Bärbel Bas spontan gewesen ist, oder ob ihre Aussage zum Thema von langer Hand vorbereitet war, sei dahingestellt. Auf jeden Fall hat die Sozialdemokratin angestoßen, was längst hätte geschehen sein soll: Den Diskurs darüber, wie die Rente für die Zukunft tatsächlich sicher gemacht werden kann.
Daß sich die Sozialdemokratin dabei längere Lebensarbeitszeiten vorstellen kann, läßt aufhorchen. Aber schon auf den zweiten Blick kommt ihr Vorschlag über Klientelpolitik nicht hinaus. Daß Akademiker länger in die Rentenkasse einzahlen sollen, weil sie vor ihrem Einstieg in die Arbeitswelt schließlich studiert haben, läßt tief blicken. Für Bärbel Bas ist ein Studium mithin keine Arbeit, sondern Arbeit ist nur dann meßbar, wenn sie die Sozialkassen füllt. Das wird so mancher Ex-Student auch in ihrer eigenen Partei nicht allzu gern hören. Zur Wahrheit gehört schließlich, daß ein Studium sehr viel Geld kostet, von den meisten Studenten oder deren Eltern finanziert wird und im besten Fall dazu führt, daß die Absolventen im Berufsleben so gut verdienen, daß sie zeit ihrer abhängigen Beschäftigung mehr in die Sozialkassen einzahlen als der Durchschnitt. Es wäre demnach nicht gerecht, sollten nur Akademikerinnen und Akademiker bis beispielsweise zur Vollendung des 70. Lebensjahres arbeiten müssen. Ebensowenig trägt der andere Vorschlag der Ministerin zur Kur des Rentensystems bei. Die Verrentung an Beitragsjahre zu binden, führte nämlich auch in Zukunft dazu, daß zu viele Erwerbstätige dank höherer Lebenserwartung zu lang Leistung aus der Rentenkasse bezögen.
Die Rentendiskussion ist angestoßen. Gut so. Aber Bärbel Bas‘ intellektuelles Geschenk an die noch einzurichtende Rentenkommission ist eine vergiftete Praline.
Der Kommentar erschien am 9. Dezember in der Westdeutschen Zeitung.
Übernahme des Textes mit freundlicher Erlaubnis des Autors.
Redaktion: Frank Becker
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