Navigare necesse est

Auf den Spuren Dr. Murphys

von Frank Becker

Navigare necesse est


Segnung der Technik! Kluge Menschen – ich vermute, es waren Männer – haben Geräte erfunden, die Landkarten und Stadtpläne überflüssig machen. Man schiebt eine CD in den Schlitz des dafür gebauten Autoradios, tippt auf einer Tastatur das gewünschte Ziel ein – und wird von einer freundlichen Frauenstimme (man kann sich auch von einer Männerstimme leiten lassen, meine Damen) akkurat zum eingegebenen Ziel geführt. Kein lästiges Anhalten, Karteauseinanderfalten, wegen schlechten Lichts nichts erkennen können – bei den üblichen Auto-Atlanten liegt der Ort, den man zu erreichen gedenkt, zudem immer genau in der Falz zwischen den Seiten und man findet ihn garantiert nicht.

Kein Streit mehr mit der besten Ehefrau von allen, der beim Karte lesen schlecht wird (und die mit einem Schnittmusterbogen besser zurecht kommt, als mit einer Generalkarte) über die notorischen Schuldzuweisungen beim Verpassen der Abzweigung: „...aber DU hast doch gesagt...!“ Alles Schnee von gestern. Friede.

Entspannt lehnen sich Pilot und Fahrgast zurück und lauschen: „Bitte demnächst rechts abbiegen. Jetzt rechts! Nach 300 m den Kreisverkehr bei der dritten Ausfahrt rechts verlassen. Bitte nach 100 m links in die Zielstraße abbiegen. Sie haben ihr Ziel erreicht!“ Prima. Ich habe mir auch so ein kleines Wunderwerk zugelegt, weil ich viel unterwegs bin und meist keinen Kartenleser bei mir habe. Sehr nett finde ich, dass mich das Gerät beim Einschalten mit meinem Namen begrüßt, weil der Hersteller zufällig so heißt. Wie es funktioniert, gehört aber für mich zu den großen Geheimnissen – wenn es denn klappt.

Aber wie das so ist, wenn man mal etwas dringend braucht: kürzlich kam ich aus dem  Norden zurück und hörte mit klammem Gefühl im Autoradio die Staumeldungen. Als der zwischen Bremen und Osnabrück auf 25 km angewachsen war, wollte ich meinen Navigator einsetzen, damit er mich um den Stau herum führe. Zunächst übernahmen das zuverlässig die U 52-Schilder an der Straße, dann war GPS gefragt. CD rein, gut. Knopf gedrückt wie vorgeschrieben, gut. Aufforderung des Gerätes: „Bitte legen sie die Navigations-CD ein!“ Hab ich doch. Nochmal - das gleiche Ergebnis. Nach dem 10. oder 12. Mal „Lesefehler – CD nicht erkannt“ der Canossa-Gang zum Kofferraum. Aus der Werkzeugkiste die gute alte Landkarte herausgekramt, umständlich im beginnenden Dämmerlicht auseinander gefaltet, Weg gefunden und los. Als ich nach einer kleinen Irrfahrt – im Karte lesen bin ich auch nicht sooo gut, endlich wieder auf der Autobahn war, stand ich im nächsten Stau kurz vor Münster (durch die lächerlichen 14 km habe ich mich locker durchgeschleppt) zwischen den selben Autos, die ich noch von Bremen her kannte. Dem Hersteller werde ich einen groben Brief schreiben – aber vielleicht liest er ja auch diesen kleinen Text.