Was der Tag uns zuträgt...

Das Buch der Bücher von Peter Altenberg

von Frank Becker
Frauen, Kinder, Träume, Wien...
 
Peter Altenberg (1859-1919), der eigentlich Richard Engländer hieß, hat seine knapp sechzigjährige von immer wieder tragischer Liebe gezeichnete, von tiefen Freundschaften gesegnete und literarischen Genieleistungen erfüllte Lebensspanne mit unerhörten Gefühlen erlebt, neunzig Jahre sind seit seinem Tod vergangen. Sein einzigartiges Werk spricht davon, es hat die Zeit unbeschadet überdauert. Heute können wir seinen 150. Geburtstag feiern, Anlaß genug, eine neue Werkausgabe vorzustellen, die pünktlich zum Jubeltag im Wallstein Verlag erschienen ist.
 
Es ist, soviel schon hier vorweg, eine wunderschöne Ausgabe geworden, die der 13 Jahre nach Altenbergs Tod 1932 von Karl Kraus besorgten Werkauswahl folgt. Der S. Fischer Verlag hatte sie damals entgegen Kraus´ Vorschlag „Auswahl aus seinen Büchern“ genannt, der heutige Herausgeber Rainer Gerlach gibt Kraus den Vorzug, indem er die Auswahl mit dem von Kraus vorgeschlagenen Titel „Das Buch der Bücher von Peter Altenberg“ bezeichnet, also recht dicht an der Bibel. Und eine Bibel für Altenberg-Leser ist diese sorgsam edierte, nahezu vollständige Werkausgabe, die in dieser Form seit der 1979 ähnlich angelegten zweibändigen Hanser / Volk und Welt-Ausgabe schon lange fehlte. Ein ganzes Leben liegt in der blühenden, glühenden Literatur Altenbergs, denn kein Wort, keine Zeile wäre nicht von ihm erlebt, gelebt, geträumt, gelitten worden. Er war einer der letzten ganz Großen des Wiener Feuilletons, ja des Feuilletons überhaupt – seine Bücher mit ihren Skizzen und Geschichten, Charakterstudien und Momentaufnahmen sind Schatzkammern, seine Texte herzzerreißend brillant.
 
Nun also haben wir für alle die Leser, die nicht verzweifelt nach Erstausgaben suchen, für die wahren Liebhaber von Altenbergs unvergänglichen Texten aus „Wie ich es sehe“, "Was der Tag mir zuträgt", „Prodromos“, „Märchen des Lebens“, „Bilderbögen des kleinen Lebens“, „Neues Altes“, „Semmering“, „Fechsung“, „Nachfechsung“, „Vita ipsa“, „Mein Lebensabend“ und aus „Der Nachlaß“ die ultimative Kompaktausgabe auf dem Tisch. Eröffnet von einem Essay Wilhelm Genazinos, ergänzt durch Bemerkungen Karl Kraus´ über P.A. und dessen Grabrede auf den Freund sowie diversen Registern, Indexen, Anmerkungsapparaten und umfangreichen editorischen Notizen gibt es derzeit nichts Schöneres zum Leben und Werk des Wiener Poeten. Die in violettes Leinen gebundenen drei Bücher, mit Altenbergs Schattenriß und Signatur jeweils auf dem Deckel und P.A.s Frauenideale und Freundesbünde auf den Vorsatzblättern, liegen solide in der Hand, die Aldus Roman mit ihren zarten Serifen auf schwerem Papier ist angenehm lesbar, je ein Lesebändchen erlaubt das Pausieren. So und nicht anders stelle ich mir eine gediegene Werkausgabe vor.   
 
Der unerhört günstige Preis von nur 49,- € wird durch die gemeinsame Veröffentlich der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und der Wüstenrot Stiftung möglich. Da sage noch mal einer, Kultursponsoring gehe am Kunden vorbei. Der Musenkuß für „Das Buch der Bücher von Peter Altenberg“.

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Beispielbild

Peter Altenberg
„Das Buch der Bücher von P.A.“
hrsg. von Rainer Gerlach

Mit einem Essay von Wilhelm Genazino

© 2009 Wallstein Verlag
 
Band 1-3: 1006 Seiten, Ganzleinen, Lesebändchen, Erläuterungen, Anmerkungen, Indexe
49,- €
 
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