Schöner Unterschied

Die Wirtschafts-Kolumne

von Matthias Dohmen

Matthias Dohmen
Schöner Unterschied
 

Der „Witz“ stand in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“: Im Sozialismus wird die Wirtschaft erst verstaatlicht und dann ruiniert, im Kapitalismus erst zu Schanden gefahren und dann VEB.
 
Siehe zentrale und Landesbanken, siehe Opel (vollzogen), Arcandor (hat schon einen großkoalitionären Fürsprecher), Schaeffler, die deutsche Bauernschaft undsoweiter undsofort (reden erst einmal darüber, daß sie bedacht werden müßten).
Das Geld wird nur so herausgehauen. Oder auch nicht: Nach Erkenntnissen der nordrhein-westfälischen SPD fehlen im größten aller Bundesländer Tausende Lehrerinnen und Lehrer. Wer gibt hier die Rettungsschirme aus?
 
Einseitige Sache, oder?
 
Nicht ganz koscher ist auch der Schuldenstopp der Bundesregierung. Erst einmal gilt er für den Bund nur eingeschränkt und mit Wenn und Aber. Eine Bremse stand schon im alten Grundgesetz, doch konnte sie ignoriert werden, wenn das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht gefährdet war. Das wird „erklärt“, und weiterer Schuldenmacherei steht nichts mehr entgegen.
Außerdem: Ober sticht Unter. Denn so richtig verboten wird’s nur den Ländern. 2020. Die haben es ihrerseits, mächtig auf den Kreditgashebel tretend, den Kommunen bereits untersagt oder sind kurz davor. Siehe Wuppertal.
 
Zweitausendzwanzig. Das kennt man von Alkoholikern, die sich fest vornehmen, ab dem Ersten des neuen Monats nichts mehr zu trinken. Sagen wir: Juni. Und wenn es nicht klappt, nimmt man den 1. Juli. Oder den 1. August. 2010, 2011, 2012, 2013, 2014, 2015, 2016, 2017, 2018, 2019. 2020. Da fließt noch viel Wasser die Wupper hinunter, ehe die Schuldenzunahme überhaupt nur ernsthaft abgebremst wird. Das hatte sich schon Hans Eichel vorgenommen, der – ein paar Tage vor einer Bundestagswahl – im Barmer Brauhaus eine fulminante Rede gegen das Schuldenmachen gehalten hat. Um dann nach der Wahl um so heftiger hinzulangen. Schöner Unterschied.
 
Matthias Dohmen, 1. Juni 2009