Café Müller /
Das Frühlingsopfer Gesehen am 10.09.2009 im Opernhaus Wuppertal Seit dem plötzlichen Tod von Pina Bausch im Juni des Jahres war dies die erste Aufführung des Tanztheaters Wuppertal nach dem regulären Spielplan, der wie verlautet aufgrund bestehender Verträge noch bis 2012 fortgeführt wird. Während der offiziellen Trauerfeier für Pina Bausch am 04. September präsentierte die gesamte Compagnie Ausschnitte aus bisherigen Stücken, in einer gefühlvollen Hommage von Johannes Vesper in den Musenblättern gewürdigt.
Doch alles ist jetzt anders. Pina fehlt, sie ist nicht mehr da. Und dies besonders gleich im ersten Stück, dem „Café Müller“, in dem sie selber noch bis zuletzt tanzend brillierte.
Café Müller - intensiv wie nie
Café Müller war ein realer Ort. Eine Konditorei mit angeschlossenem Café in Solingen am Central.
Auf der Bühne, nach Pina Bauschs Vorstellungen von Rolf Borzik geschaffen, präsentiert sich das Café als düsterer Raum. Links und rechts zwei große Türen, im Hintergrund ein Entree mit Drehtür, durch Plexiglas von der Bühne getrennt. Der Raum ist mit einfachen Holzstühlen und –tischen vollgestellt.
Durch eine Tür betritt eine schmale, große Frau im schlichten weißen Kleid das Café (Helena Pikon). Sie geht unsicher, tastet sich an der Wand entlang, stößt an Stühle, weicht erschrocken zurück. Von außen dringt Licht durch die Drehtür. Eine Frau mit roten Haaren trippelt herein, weiß nicht so recht, wohin (Nazareth Panadero). Eine weitere Frau erscheint (Aida Vainiera). Blind setzt sie vorsichtig Fuß vor Fuß, die Möbel stehen im Weg, lassen sie zögern. Hektisch rennt ein Mann herbei, räumt Tische und Stühle beiseite (Jean-Laurent Sasportes). Traurig schaut er aus, beobachtet besorgt den Gang der Frau, bereit, jederzeit polternd den Weg frei zu räumen. Dominique Mercy tritt langsam aus dem Dunkel, explodiert zu wenigen ekstatischen Tanzbewegungen, sinkt zu Boden. Später steht er verloren im Raum. Die „blinde Frau“ findet den Weg an seine Schulter, beide verharren. Michael Strecker schreitet dynamisch heran, vollendet die Umarmung des willenlosen Paares, legt die Frau in die Arme des Mannes. Sie entgleitet ihm. Die Prozedur wiederholt sich.
Vom Suchen und nicht Finden handelt das Stück. Vom Aufeinander zugehen, sich berühren, sich trennen. Bewegung und Statik, Fallen und Aufstehen. Hindernisse müssen überwunden werden. Der aus dem Weg räumende ist selber rat- und hilflos.
Helena Pikons Tanz und Choreographie ist perfekt. Es ist der ursprüngliche Part von Pina Bausch. Doch es ist nicht Pina. Jean-Laurent Sasportes hat Mühe, seine Tränen zurück zuhalten. Eine emotionale Dreiviertelstunde, intensiv wie nie.
Café Müller, ein Stück von Pina Bausch. Premiere war am 20.05.1978.
Mitarbeit bei der Wiederaufnahme: Malou Airaudo, Helena Pikon.
Le Sacre du Printemps
Ängstlich stehen sie dicht beieinander, die Männer hoheitsvoll abseits. Ihr Anführer (Andrey Berezin) baut sich herrisch auf, fordernd auf das Opfer wartend.
Freiwillig will sich ihm niemand der Frauen hingeben. Sie schieben sich abwehrend gegenseitig das Opferkleid zu. Einige wanken zögerlich auf den Anführer zu, weichen dann doch zurück. Schließlich bezeichnet er selbst das Opfer, zieht ihr das rote Kleid an und der Todestanz beginnt. Die kleine Ditta Miranda Jasjfi kämpft in diesem Solo um ihr Leben. Sie ist das Opfer, sie ist bestimmt, sie fällt und die Scheinwerfer erlöschen.
Tosender Beifall und laute Bravorufe. Vier Vorhänge brauchte das Ensemble, bis sich die Anspannung legte und sich ein leichtes Lächeln auf ihren Gesichtern zeigte.
Choreographie Pina Bausch
Bühne und Kostüme Rolf Borzik
Mitarbeit Hans Pop
Mitarbeit Wiederaufnahme Barbara Kaufmann, Dominique Mercy, Kenji Takagi
Das Ensemble
Alexeider Abad Gonzalez, Ruth Amarante, Pablo Aran Gimeno, Rainer Behr, Andrey Berezin, Damiano Ottavio Bigi, Stephan Brinkmann, Meritxell Checa Esteban, Aleš Čuček, Clémentine Deluy, Darwin Diaz, Rudolf Giglberger, Selvia Farias Heredia, Ines Fischbach, Mareike Franz, Chrystel Guillebeaud, Paul Hess, Ditta Miranda Jasjfi, Daphnis Kokkinos, Mu-Yi Kuo, Eddie Martinez, Thusnelda Mercy, Morena Nascimento, Marcela Ruiz Quintero, Azsa Seyama, Michael Strecker, Fernando Suels Mendoza, Aida Vainieri, Anna Wehsarg, Szu-Wie Wu, Tomoko Yamashita, Andy Zondag, Sergey Zhukov.
Weitere Informationen: www.pina-bausch.de
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