Chapeau, Herr Lachemann!

Ein Kommentar

von Peter Bilsing

Foto © Frank Becker
5 Sympathie-Sterne von den Musenblättern
für den Komponisten Helmut Lachemann!
 
Der Stockhausen und Nono-Schüler Helmut Lachemann, einer der bekanntesten und fleißigsten modernern deutschen Komponisten, macht seinem Namen alle Ehre, wenn er in einem Interview mit dem Wiener „Standard“ für zukünftige Aufführungen folgendes Procedere bei Störungen durch aufgebrachtes oder irritiertes Publikum vorschlägt:
 
Ich erinnere nur an das Wiener Konzert des SWR-Orchesters mit Hans Zender und Ernesto Molinari 2006 (wo es heftige Störungen im Publikum gab, Anm.). Leider war ich nicht dabei, sonst hätte ich dasselbe gemacht wie bei früheren Konzerten. Ich hätte die Aufführung abgebrochen, darauf hingewiesen, daß es Leute im Saal gibt, die diese Musik hören wollen, und den Dirigenten veranlaßt, nochmals von vorn anzufangen. Dann halten sich die betroffenen Helden zurück - meist nur eine Handvoll -, denn sie befürchten, daß man sonst nochmals anfängt.“
 
Das ist wirklich Souveränität und Humor im Umgang mit dem eigenen Werk. „Also paßt mal auf ihr ignoranten Pfeifenköppe, wenn ihr jetzt nicht die Klappe haltet, dann spielen wir den ganzen Sch… noch mal von vorne! Und ggf. noch mal und noch mal!“ Chapeau, Herr Lachemann! Das hat Loriot-Charme.
 
Ähnlich souverän war nur der als „Bad Boy of Music“ bekannte George Antheil. Bei seinem „ballet mechanique, UA 1924“ (Orchesterbesetzung u.a. acht Klaviere, vier Xylophone, zwei elektrische Klingeln, zwei Flugzeugpropeller, Tamtam, vier große Trommeln und diverse Feuerwehr-Sirenen) kam es regelmäßig zu Krawallen und Schlägereien. Antheil selber saß stets an einem der Flügel, und bevor das Konzert anfing ließ er immer demonstrativ die Türen verriegeln, zog seinen 45-er Smith & Wesson Colt und legte ihn demonstrativ mit dem Hinweis „Achtung, ich bin bewaffnet!“ aufs Klavier.
Interessant: Georgie-Boy interessierte sich nicht nur für Musik, sondern auch noch fürs wahre Leben: Sein damals als Patent angemeldetes funkferngesteuertes Torpedo erfreut noch heute viele U-Boot-Kommandanten.
 
Büchertip: Antheils hochinteressante Biografie mit dem Titel „Bad Boy of Music“ ist als gebundene Ausgabe noch erhältlich.