Orion-Kult in schwarz-weiß

Die "Raumpatrouille Orion" - auf ihrem Flug durchs All mit Vergnügen begleitet

von Peter Bilsing

Orion-Kult in schwarz-weiß


Na, verehrte Film- und Fernsehfreunde der älteren Generation schwarz-weißer TV-Fossilien, erinnern Sie sich noch? Wir zählen das Jahr 1966, genauer, den 17. September - Erstes Deutsches Fernsehprogramm (Liebe Kinder, es ist wahr! Es gab damals nur uncoole 2 Fernseh-Programme und wir haben überlebt und waren glücklich. Ehrlich!):

"Was heute noch wie ein Märchen klingt, kann morgen schon Wirklichkeit sein. Hier ist ein Märchen von übermorgen: Es gibt keine Nationalstaaten mehr. Es gibt nur noch die Menschheit und ihre Kolonien im Weltraum. Man siedelt auf fernen Sternen. Der Meeresboden ist als Wohnraum erschlossen. Mit heute noch unvorstellbaren Geschwindigkeiten durcheilen Raumschiffe unser Milchstraßensystem. Eines dieser Raumschiffe ist die ORION. Winziger Teil eines gigantischen Sicherheitssystems, das die Erde vor Bedrohung aus dem All schützt. Begleiten wir die ORION und ihre Besatzung bei ihrem Patrouillendienst am Rande der Unendlichkeit.“

Musik einer Generation

Alles eingebettet in diese herrliche Musik von Peter Thomas…und wenn ich den Text nochmals lese, dann muß ich sagen „Star Wars had just begun in 1966!“

Nach langer Wühlerei im ständig weiter verstaubenden Plattenarchiv liegt sie nun vor mir: die Original-Single von damals, Philips - Melodie der Welt 1966, Mono, unverschämte 1:45 Minuten kurz (wenn man die Roboterstimme des heruntergezählten Startmodus noch abzieht), aber für einen 13-jährigen Steppke und kultischen Fan (waren wir das damals nicht alle?) dieser ersten deutschen Science-Fiction Serie (Traum- Einschaltquote beinahe 60 Prozent!) eines seiner göttlichsten und wertvollsten Besitztümer, versteht sich, beim horrenden Anschaffungspreis von üppigen 5 DM bei einem kargem monatlichen Taschengeld von knauserigen 2,50 DM, mein erster vinyler Goldschatz.

Im Laufe der Jahre und natürlich auf jeder Fete wurde die Scheibe (neben den  obligaten Beatles, Stones, Easybeats, Pink Floyd, Procol Harum u.v.a.) nicht nur unzählige Male gespielt und mit diversen Getränken, wie Cola, Persico resp. Bier des öfteren unfreiwillig getauft (bis ich sie in späteren Dekaden dann nur noch audiophil nass – Lenco Clean ! – abspielte), sondern auch so eine Art Eröffnungshit, im wahrsten Sinne des Wortes der akustische Countdown, für jeden privaten Disko-Abend. Ach waren das noch Zeiten…herrliche Zeiten!

Kult-Sammlung

Und heuer liegt nun die Kult-Kollektion dieser Fernsehserie auf DVD, „Raumpatrouille ORION“ - 3 DVD-Set, Eurovideo 2004, daneben auf meinem Schreibtisch. Allerdings im Pappschuber und mit 15 Euro im Vergleich zur mittlerweile beinahe unbezahlbar gewordenen Metallbox (Sammler-Kollektion mit diversen Kinkerlitzchen und Devotionalien), noch preiswert und erschwinglich. Für alle TV-Grufties der 60er-Jahre ein absolutes „Muß“! Die Serie, die das Herz unserer Jugend bewegte.

"Raumpatrouille – Die phantastischen Abenteuer des Raumschiffes Orion" auf 3 DVDs – Laufzeit ca. 507 Minuten. Ton: Dolby Digital, mehr Mono als Stereo, aber immerhin digital remastered. Alle 7 kompletten Originalfolgen sind auf den ersten beiden DVDs.

Jede Menge Extras

Zusätzlich gibt es auf der dritten DVD die nachträglich montierte Kinofassung des „Producers Cut“ von 2003 (mit toller, neu eingespielter 5 Kanal-Musik des United Space Orchesters unter der Leitung des Komponisten); für diese knapp 90 minütigen Kino-Fassung wurde das verwendete Originalmaterial am Computer bereinigt. Absolut clean! Dankenswerterweise hatte man die ursprünglichen Folgen im Originalzustand belassen, incl. aller Brandlöcher, Fehlbelichtungen, Kratzer und zeithistorischer Staub-Einschlüsse – ein nostalgisches Obligatum, um den originalen und originellen 60er-Jahre-Charme des damals noch unperfekten Bildes wieder erleben zu dürfen. Well done!

Darüber hinaus liegt umfangreiches Bonus-Material vor: u.a. (zum Brüllen komisch) verschiedene Ausschnitte aus den synchronisierten Versionen der französischen, italienischen und ungarischen Version. Es gibt Interviews mit den Orion-Machern, Ausschnitte aus einer Pressekonferenz mit Dietmar Schönherr, Eva Pflug u.a. - anno 2003, Statements von Peter Thomas und diverse nette Extras u.a. unveröffentlichtes Material wie das Video-Tagebuch von Werner Hierl und Interviews mit noch heute lebenden Darstellern, ein PC-Game und das Dialogbuch.

Bügeleisen und Eisportionierer

Insbesondere die Ausstattung (der Vorteil einer DVD ist ja bekanntlich das makellose Standbild) lässt sich so und mit der heutigen ironischen Distanz ganz prächtig genießen. Machen Sie auf Ihrer nächsten Party mal ein Suchspiel daraus! Wer entdeckt: Bleistiftanspitzer und Bügeleisen, Eiskugelformer (Roboterhände), die EDV-Lochkarten-Rangabzeichen an den Uniformen, die diversen auf den Kopf gestellten Uhrpendel (Maschinenhebel), Garnrollen, Wasserhähne oder Ventile einer Mischbatterie, und wie schön leuchteten die Hundertschaften von Bechern aller Art am Kombüsenhimmel des Kommandostandes. Köstlich!

Spitzen-Design und hübsche Tricks

Eine Augenweide waren auch die hochwertigen Designermöbel, -lampen und -gläser, die eingesetzt wurden. Beispiele? Eine Liege Ludwig Mies van der Rohe (Model 258 - 1930), ein Sessel von Harry Bertoia (Model Diamond - 1950), der Sessel Typ „Karusseli“ von Yrjö Kukkaparo (1964), der Alu-Stuhl von Charles Eames (group Nr. EA105 - 1958), ein weiterer Stuhl von George Nelson (Modell DAF Chair) sowie von Eero Saarinen Tisch und Stuhl (Modell Tulpe 1957). Als Trinkglas war das berühmte Model Smoke (1964) von Joe Colombo in Einsatz. Ewige Werte!

In diesem Bereich wurde schon damals beim Öffentlich Rechtlichen geklotzt und nicht gekleckert, obwohl das Produktionsteam (Zusatzmaterial) den Mini-Etat heftig beklagte. Aus der Sicht Filmschaffender - parallel startete gerade die schon farbige „Enterprise“-Serie und in Hollywood sollte bald „2001 – Odyssee im Weltraum“ folgen - verständlich. Die Tricks sind aus heutiger Sicht geradezu rührend; man betrachte nur den aus einem angesägten Holz-Fußball geblasenen Kaffeesatz (Detonation eines Planeten), den riesigen Badewannenabluß-Wirbel der Startbasis oder die Alka-Seltzer-Sprudelbläschen.

Wer mehr wissen möchte, schaue bei  www.orionspace.de vorbei oder lese den beinahe buchlangen Wikipedia-Artikel – ein unerschöpflicher Fundus für Raumpatrouille-Fans.

Keine Fortsetzung, bitte!

Ich finde es persönlich gut, daß die Pläne einer Fortsetzung (sie stehen auch nach über 40 Jahren stetig noch irgendwo im Raum) nicht verwirklicht wurden, obwohl Koriphäen wie Roland Emmerich und Wolfgang Petersen im Gespräch waren. So wären der urige Kultcharakter und die spontane Originalität dieser wirklich einmaligen Kurzserie im Overkill der Serienlangeweile verpufft, das „Raumschiff Orion“ des Ersten Deutschen Fernsehens wäre bestimmt zum „ARD-Traumschiff Enterprise“ degeneriert worden. Irgend jemand (es kann nur ein Extraterrestrischer sein!) hat bisher im inflationären Remake-Hagel dies verhindert und so dieses museale Fernsehkleinod, bei dem noch die Handlung und nicht die Technik im Vordergrund stand, (+ gute Schauspieler agierten) erhalten – dem Herrn, oder dieser Dame, sei Dank!

 

Beispielbild

Raumpatrouille Orion - Kult-Kollektion
Box Set 3 DVDs - EUROVIDEO

DVD Features:
Kinotrailer
Interviews
Behind the Scenes
Diashow
Bildschirmschoner
Musikvideo
Musikclip
Videospiel
Frz., it., ung. Video-Tagebuch

Produktion : Deutschland / 1966 
Originaltitel : Raumpatrouille Orion

Darsteller : Dietmar Schönherr, Friedrich Joloff, Eva Pflug, Wolfgang Völz, Claus Holm, Benno Sterzenbach, Friedrich Georg Beckhaus

Regie : Dr. Michael Braun, Theo Mezger

Tonformate :  Dolby Digital 5.1, Dolby Digital 2.0
Bildformate : 1,33:1,4:3,PAL
Untertitel : Deutsch f. Hörgeschädigte

Laufzeit ca.:  507min

Regionalcode : 2:Europa


Weitere Informationen unter:

www.eurovideo.de
www.orionspace.de