Eyjafjallajökull und die Folgen

Ein offenes Wort

von Frank Becker

Foto © Frank Becker
Eyjafjallajökull und die Folgen
 
Der Herr wird deinem Lande Staub und Asche für Regen geben von Himmel auf dich, bis du vertilget werdest.
(5. Buch Mose, Kap. 28, Vers 24)
 
 
Jetzt greinen und jammern sie, die Manager der Fluggesellschaften, die seit Jahrzehnten um des schnellen Profits willen mit ihren Jets den Himmel lärmend unter sich aufteilen und mit Irrsinnsmengen an steuerbegünstigtem Kerosin die Atmosphäre vergiften, dabei das Ozonloch beständig vergrößern. Jetzt maulen sie beleidigt, all die Sandalentouristen, die sinnlos um die Welt fliegen, um in Phuket oder auf Gran Canaria billig zu baden und Schnitzel zu essen oder sich auf Mallorca eimerweise Alkohol in den hohlen Kopf zu schütten. „Aber wir wollten doch in die Dom Rep!“ Nie werde ich dieses Fernsehinterview-Zitat als warnendes Beispiel vergessen können, so ist es mir vor drei Tagen ins Mark gefahren. Die Welt als Badestrand für Proleten, die mitunter oft gar nicht wissen, wohin sie eigentlich reisen, welche Sprache man dort benötigt und welcher Kultur man sich als Gast anzupassen hat. Am liebsten schon in Badelatschen in „den Flieger“ einsteigen. So weit hat es die Tourismus-Industrie gebracht.

Ärgerlich natürlich für jene, die aus beruflichen Gründen irgendwohin müssen und das nur mit dem Flugzeug erledigen können, das nun schon seit ein paar Tagen der Naturgewalten eines isländischen Vulkans wegen am Boden bleiben muß. Man wird sich darauf einstellen können, weil es alle betrifft. Auch unbequem für jene, die irgendwo in der Welt gestrandet sind und Probleme haben, zurück zu kommen. Kollege Rehnolt zum Beispiel, der auch jetzt noch in Irland nach einer Recherche darauf wartet, wieder nach Hause reisen zu dürfen und schon fürchtet, den Inselkoller zu bekommen. Fähren und Züge zum Festland (aktueller Stand: 20. April, 12.45 Uhr) sind überbucht. Schade für mich, der ich aus nämlichem Grunde gestern eigentlich auf die grüne Insel reisen wollte, umdisponieren und am Boden bleiben mußte. Aber doch keine Katastrophe. Wie oft haben wir auf eine Reise verzichten müssen, weil die „Asche“ fehlte. Jetzt eben, weil mehr als genug davon da ist.

Man hört auch von enormen Verlusten der Exportwirtschaft, die sich auf die wie wir jetzt sehen unsichere Luftfracht verlassen hat. Vielleicht können ja die durch großzügige staatliche, also des Steuerzahlers Hilfe jüngst im Handumdrehen gesundeten Banken ein bißchen was abgeben. Andere beklagen, daß es jetzt keine exotischen Früchte in den Geschäften gebe. Mal ehrlich: brauchen wir Papaya, Drachenfrucht, Physalis und Mangos, die mit Flugzeugen hergebracht werden? Und daß Fluggesellschaften damit drohen, wegen der Verluste Personal zu entlassen, spricht nicht eben für ein soziales Gewissen.
Aber nach den neuesten Nachrichten um 00.00 Uhr haben ja einige Luftfahrtgesellschaften trotz der bis heute Mittag verlängerten Sperrung des Luftraums durchsetzen können, für sogenannte Sichtflüge Ausnahmegenehmigungen zu bekommen. Sogar in der Nacht. Wie das? Macht die Politik einen beschämenden Kniefall vor der Wirtschafts-Lobby?

Aber jetzt der erfreuliche Aspekt der im Gegensatz zur Kerosinverbrennung ungiftigen Vulkanasche: seit das Flugverbot besteht, können Anwohner von Flughäfen in Ruhe schlafen, sogar Vögel singen hören und die Luft über Mittel- und Nordeuropa wird sauberer. Als nach den verheerenden Anschlägen
auf US-Einrichtungen im September 2001 der Flugverkehr eingestellt wurde, hat man schon nach wenigen Tagen die sauberste Luft seit Beginn der Aufzeichnung von Messungen registriert, obwohl Autos und Industrie weiter Abgase produzierten. Ein ähnlicher Effekt wird jetzt über Europa auch festzustellen sein, denn wir wissen, wer die Dreckschleudern sind.
Dafür danke, Eyjafjallajökull! Auch für die daraus zu ziehenden Lehren.