Neues aus dem Arco Verlag - Juni 2010
Liebe Leserinnen und Leser,
der Arco Verlag hat ein vollgepacktes Jahr hinter sich: wir wirken jetzt von Wien und weiterhin vom Wuppertaler Stammsitz aus. Wir haben den Aufbruch zu neuen Ufern (Donaukanal) zum Anlaß für weitere gute Taten genommen, so für diesen ersten Rundbrief, dem – wenn Sie nichts dagegen haben – weitere folgen.
Die WM steht an – und »Fußball-Deutschland« stehen tiefe Sorgenfalten im Gesicht. Vor meiner Haustür in Wien (wo Bayern-Talent David Alaba zur Schule ging ...) künden die Gratis-Zeitungen von ganz anderen Problemen: Österreichs Teamchef Didi Constantini läßt durchblicken, daß die EM-Qualifikation nicht eben realistisch sei und man sich gegen Kasachstan eh aufs Kontern verlegen müsse. Hier wie dort könnte unser Bestseller Abhilfe schaffen. In »Klapperzahns Wunderelf« von Eduard Bass, unserem zeitlosen Fußballklassiker, war schon 1922 zu lesen, wie man kickend gegen den FC Barcelona & Co. von ganz unten nach ganz oben kommt. Oder wie man Kannibalen auf der vermeintlich einsamen Südseeinsel austrickst. (James Cook – ein sprechender Name! – wußte das ja leider noch nicht.) Viel Spaß damit, wenn´s sonst nichts zu lachen gibt.
»Mit den Städten geht es mir wie mit den Menschen. Ich stelle ihnen keine Fragen, zwinge sie zu nichts. Ich lasse ihnen ihr gewohntes, alltägliches Leben. Nur kein System beim Kennenlernen. «Das schreibt der ungarische Autor János Pilinszky in unserem erfrischend unaufdringlichen Buch über Pécs, das zum Kennenlernen nach eigenem unsystematischen gusto einlädt, aber auch sonst alles bereithält. Pécs ist ja, wie fast keiner jenseits jener »Schwäbischen Türkei« ahnt, Europäische Kulturhauptstadt 2010 neben Istanbul und Essen/Ruhrgebiet, und die tollste Einladung in dieseStadt ist der Appetithappen aus dem Hause Arco: Pécs – ein Reise- und Lesebuch, hrsg. von Wilhelm Droste und Éva Zádor. Mit Texten von Ingo Schulze, Peter Esterházy, György Konrád, Claudio Magris, Eduard Schreiber und rund 50 weiteren Beiträgen aus Ungarn und Europa. Dichtung und Wahrheit zu Kunst und Kultur, Kaffeehäusern und Konsum, Kino und Kutteln, Kohle, Kirche und Kitsch. Ab Juli in Ihrem Reisekoffer.
Zu meiner ersten Begegnung mit H. G. Adler fand ich mit etwa 22 Jahren: in einem modrigen Bücherkeller in der Londoner Charing Cross Road. Für £ 2 erstand ich die Erstausgabe seines Romans »Panorama«. Darin fand sich ein signierter Autograph: Günther und seine Frau Bettina luden ein Ehepaar zu einem Empfang beim österreichischen Kulturattaché. Es war wohl zu Adlers 70. Geburtstag, und ich hätte mir nicht träumen lassen, Sie heute zu seinem 100. Geburtstag am 2. Juli als Verleger zur Lektüre seines wichtigen, vergessenen Essays Die Dichtung der Prager Schule einzuladen – als schönes Coll´Arco-Heft. Vornedrauf eine sattsam bekannte Prager Ansicht: der Hradschin, aber von hinten, plastisch und seltsam-unwirklich, mit betörenden Farben. Neue Perspektiven (wie auch in H. G. Adlers Essay). Den sozialistischen Pappmodellbausatz, der hier dank Gestalter MC Graeff zu neuen Ehren kam, hatte ich einst in einem Olmützer Antiquariat gekauft...
Seit Jahrzehnten widmete sich die Düsseldorferin Gudrun Lehmann als beharrliche Einzelkämpferin der Erforschung von Daniil Charms, ohne universitäre Rückendeckung, getrieben von ihrer Begeisterung. Auf ihrem Weg zu einem editorischen Mammutprojekt, der ersten umfassenden Charms-Monographie überhaupt, sind wir dazugestoßen. Mit der Autorin freuen wir uns, was dabei herausgekommen ist: Fallen und Verschwinden wurde gleich druckfrisch in der »Literarischen Welt« gewürdigt. So kann´s weitergehen.
Nach dem Aufbruch von der Leipziger Buchmesse im Morgengrauen und Überlandfahrt im Omnibus von Brünn aus gings in Kunštát mit Riesenkoffer am halbwegs zugefrorenen Dorfteich mit schlotternden Entchen vorbei zur Feier des 90. Geburtstags unseres mährischen Autors Ludvík Kundera. Mitgratuliert haben, verpackt in unserem bibliophilen Coll´Arco-Heft , das Herausgeber Eduard Schreiber ihm dann druckfrisch aus meinem Wunderkoffer in die Hand drückte, Freunde und Weggefährten, in Wort und Bildern: Volker Braun, Wulf Kirsten, Reiner Kunze, Sarah Kirsch, Elke Erb, František Listopad, Ilma Rakusa, Peter Demetz, Günter Kunert, Felix Philipp Ingold, Uwe Kolbe, Lutz Seiler, Uwe und Barbara Grüning, Kito Lorenz, Roland Erb, Josef Hrúby, Richard Pietraß, Brigitte Struzyk, Jan M. Tomeš, Rudolf Fila, Vít Ondrácek, Peter Ludewig, Christian Thanhäuser, Peter Gosse, Eckhard Thiele, Karel Prášek, Peter Gehrisch, Kristina Kallert, Frank Siewert, Walther Petri, Radek Malý, Christoph Haacker und Eduard Schreiber. Von der raren numerierten Erstausgabe von Zur bewegten Geschichte des 22. März – Ludvík Kundera zum Neunzigsten. Eine Hommage (200 Stück) gibt es nur noch wenige Exemplare, davon einzelne Stücke als Vorzugsausgabe mit Originalgraphik von C. Thanhäuser.
Mit unserem Autor Georg Kreisler freuen wir uns, daß ihm am 6. Juni der Hölderlin-Preis verliehen worden ist. Daß er ein großer Dichter und anarchischer Fabulierer ist, haben wir schon lange gewußt, nicht erst seit »Mein Heldentod« und »Alles hat kein Ende«, die wir selbst immer wieder begeistert lesen, solange wir noch vorletzte Exemplare in unseren Regalen finden. Weil das keine Ladenhüter sind, sondern Wundertüten, empfehlen wir jetzt zuzugreifen ... hölderlinpreiswert.
Einigermaßen nervös verkünde ich hiermit, daß wir am 11. Juni um 19.30,gemeinsam mit dem Übersetzer Konrad Kuhn, in der Kolonitzgasse 11 in Wien III den Dichter Jeghische Tscharenz und unsere Neuerscheinung »Mein Armenien« vorstellen, Lebensgeschichte und Gedichtrezitation kombiniert. Nervös macht mich die WM. Hat sie da schon angefangen? Und wer spielt? Und wer kommt dann noch zu Tscharenz – wenn nicht wir ... und Sie?
Herzlich vom Wiener Donaukanal
Ihr Arco-Verleger
Christoph Haacker
Alles, was Sie sonst noch wissen müssen, können Sie unter www.arco-verlag.com nachlesen. Dort können Sie sich auch großzügig mit unseren Büchern bevorraten. Sonst freuen sich unsere Partnerbuchhandlungen oder die Ihrige(n) über jeden Einkauf.
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