Als Fußball noch die schönste Nebensache der Welt war

Ein Blick zurück

von Frank Becker

© Archiv Musenblätter
Als Fußball noch die
schönste Nebensache
der Welt war


Am Samstag, dem 12. Mai 1951 um 18.30 Uhr pfiff der Unparteiische im Remscheider Stadion Reinshagen ein Freundschaftsspiel des VfB Marathon 06 Remscheid an - da war, sechs Jahre nach dem schrecklichen Krieg und drei Jahre vor Bern die Welt des Fußballs noch in Ordnung und Sport im reinsten Sinn. Das ging mir durch den Kopf, als ich neulich in einem Buch, das ich in einem Antiquariat kaufte, die „Sportvorschau“, von damals als Lesezeichen fand – ein Programmzettel des besagten Spiels sozusagen. Was dieses kleine 4-seitige Blättchen im Format A 5 alles zu erzählen wußte!
 
Sie werden sich natürlich schon gefragt haben, gegen wen Marathon damals antrat - ich habe das absichtlich spannend gemacht: Gegner war nämlich der damalige Deutsche Fußballmeister VfB Stuttgart, der heute, 59 Jahre danach, wieder in der Spitzengruppe der 1. Bundesliga, die es seinerzeit noch nicht gab, mitmischt. Das Blatt enthält auch die Mannschaftsaufstellungen, und da

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verrät die des Fußballmeisters einiges über den Broterwerb der Spieler zu jener Zeit, als der Fußball tatsächlich noch die schönste Nebensache der Welt war. Wo nämlich heute ein Stuttgarter Berufsfußballer sechs- und mehr -stellige Euro-Summen auf sein Konto bekommt, stand damals bescheiden neben den Namen, was die Herren von Beruf waren: Bauingenieur, Kontrolleur, Kaufleute, Mechaniker, Fleischer, Modellschreiner, Lehrling und technischer Zeichner. Drei Nationalspieler (Erich Retter, Karl Barufka und Rolf Blessing) kickten für Stuttgart.
An den Namen hören sie schon, daß es damals auch noch keine Einkäufe exotischer Dribbel-Künstler gab, mehr noch: man hört direkt, daß sie auch da herkamen wo sie spielten: Läpple, Steimle, Wehrle usw.. Bei all dem wird man schon ein wenig nachdenklich und auch etwas wehmütig, ist doch der schöne Sport zumindest in den höheren Ligen längst zum Geld- und Macht-Poker verkommen. Spieler werden gehandelt wie Vieh, Übertragungs- und Markenrechte zu Wucherpreisen von der mächtigen FIFA verschachert und nicht wenige Ergebnisse nebst Spielern und Schiedsrichtern von Verbrechern gekauft.
 
Und wie ist das Spiel damals ausgegangen? Remscheids Spieler Schild I (Schild II spielte im Sturm von Marathon) hatte natürlich auf Marathon als Sieger gesetzt. Die schossen auch einen Ehrentreffer – aber die Stuttgarter leider deren vier. Aber ist, zumal in einem Freundschaftsspiel, eine Niederlage gegen den Deutschen Meister nicht allemal ehrenvoll? Ich denke, alle haben damals mächtig viel Spaß daran gehabt.
Und das zählt.