Kunst mit Sex-Appeal
75 Jahre Mel Ramos 50 Jahre Pop-Art
Wenn der amerikanische Pop-Künstler Mel Ramos am 24. Juli seinen 75. Geburtstag begeht, feiert nicht nur die Kunstwelt mit. Denn Ramos hat etwas geschafft, was außer ihm in dieser Form kein anderer fertiggebracht hat: das seit Alberto Vargas, Gil Elvgren, Harry Ekman, Bill Medcalf u.v.a. bereits ungemein populäre künstlerische „Great American Pin Up“ über die erotische Anspielung hinaus durch die unmittelbare Verbindung mit Markennamen im Bewußtsein einer breiten Öffentlichkeit zu verankern. Denn wer kennt nicht seine mit allgemeinem Vergnügen betrachtete „Lucky Lulu Blonde“, die „Lola Cola“ (1965), seine „Val Veeta“ oder die „Miss Lemon Drop“.
Zu seiner Erfolgslinie, dem zum Markenzeichen gewordenen Pin Up, das er bis auf den Tag weiter produziert, fand Mel Ramos nach seinem Kunststudium in Kalifornien erst an dritter Stelle. Nach Schritten in den Spuren von Edward Hopper, die in seinen Gemälden der späten 50er und ersten 60er Jahren deutlich erkennbar sind, widmete er sich bis 1964 dem Portraitieren von bekannten Comic-Figuren der Superhelden-Welt mit Superman, Batman & Robin, Flash, Wonder-Woman, Hawkman, The Phantom u.a.. „Statt Leute zu malen, die ich kannte, beschloß ich, Leute zu malen, die ich in meiner Kindheit bewundert hatte. Als Kind hatte ich eine große Vorliebe für Comics, und ich wollte jetzt die Helden meiner Kindheit malen“ wird Mel Ramos zitiert. Er nimmt die Zeichnungen von Joe Shuster, Lee Falk und Bob Kane als Vorlage für dynamische Ölbilder. Was Roy Lichtenstein graphisch durch Aufrasterung für die Erhebung von Zeitungscomic-Bildern war, wurde Ramos mit der plastisch-pastosen Ausformung seiner Superhelden.
Schon bald malte er mehr und mehr weibliche, sichtbar femininere Figuren, gab ihnen anonyme Gesichter, die er von Modellen aus Girlie-Magazinen übernahm oder er bediente sich der Prominenz,
Daß er nicht vor Tabus zurückschreckt, zeigte Ramos Ende der 60er Jahre mit seinen „Animal Paintings“, die seine Akte mit Tieren zusammenbrachten. Da kuscheln sich Katzen an Pussies, schnuppert eine Antilope am Po des Modells, kauern Dachs und Meerkatze in eindeutiger Haltung zwischen den Schenkeln der Nackten oder hält ein Gorilla Händchen mit einer lasziv in seinen Schritt gebetteten Schönen. Spaß erlaubt sich Mel Ramos auch mit der „klassischen“ Kunst, indem er historische Bilder in Pop Art übersetzt und ergänzt. Amadeo Modigliani nahm er 1974 mit der Serie „You Get More Salami With Modigliani“ auf die Schippe, François Bouchers „Akt auf dem Sofa“ kopiert er um einiges erotischer mit dem Gesicht von Ursula Andress (die übrigens in Ramos´ Werk recht häufig erscheint), Edouard Manets „Olympia“ bekommt Bikini-Streifen, ebenso Dominique Ingres´ „Quelle“, plus Schambehaarung. Ramos: „Ich habe diese alten Bilder einer Reinigung unterzogen – als Bilder haben sie sich nicht verändert, ich habe nur die kunsthistorische Patina beseitigt.“
Naturstudien, Portraits, Transfigurationen, Skizzen und die Serie „Unfinished Painting“ kommen in den 70ern bis 90ern hinzu, die „Drawing Lessons“ (eine originelle Kombination aus Pin Up, Kunstreproduktion und Skizze), neue Marken-Pin-Ups (Strellson) und Peek-a-Boos markieren neben einigen Großplastiken nach frühen Arbeiten die 2010er Jahre.
Vom 25. Juni bis 3. Oktober zeigt das Museum Villa Stuck in München die Ausstellung „Mel
Ein angemessen üppiges Katalog-Buch zur Ausstellung ist im Verlag Hatje Cantz erschienen:
Mel Ramos. 50 Jahre Pop-Art , hrsg. von Otto Letze Mit Texten von Klaus Honnef, Annette Lagler und Daniel J. Schreiber © 2010 Institut für Kulturaustausch Tübingen, Verlag Hatje Cantz, in deutscher oder englischer Sprache zu haben, 280 Seiten, Broschur mit gefaltetem Plakatumschlag, 169 Abbildungen, davon 150 farbig, ISBN: 978-3-7757-2530-9 19,80 € Weitere Informationen unter:
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