Ein Engel, auf unsere Bahn gelenkt

Anna Depenbusch – „ins gesicht“

von Frank Becker

Cover-Foto © Urs Küster
Ein Engel, auf unsere Bahn gelenkt

Nur von einer hauchdünnen Hülle langer blonder Fäden umwebt, liegt sie zusammengerollt, eingesponnen in einen sich auflösenden Kokon im leeren Raum auf der CD-Hülle, schutzlos wirkend in diesem kühlen Moment der Stille. Doch von der Rückseite des wunderschön von Geboren Thielsch mit den Fotos von Urs Küster gestalteten Digipacks erwidert Anna Depenbusch den Blick des Betrachters mit großen grünen Augen, tief wie ein Meer und so weit, als habe sie die Wahrheit gesehen - das bildhübsche kluge Gesicht von üppigen Locken umrahmt. Anna Depenbusch offenbart auf diesem Foto und in den Texten ihrer zwölf Lieder ihr Wesen, das so rein und klar ist, wie die fast schmerzliche Süße der Stimme, mit der sie tief in Herz und Seele schneidet.
 
„ins gesicht“ hieß das grandiose Debüt-Album 2005 der jungen Sängerin, Komponistin und Texterin, benannt nach dem vierten Stück, das wie alle ihre Texte, die von Liebe, Abschied, Finden, Träumen und Heimat erzählen, Liebeslieder sind - ein Album wie es nur ganz selten mal vorkommt, ein Glücksfall, wie seinerzeit einmal der junge Klaus Hoffmann einer gewesen ist. So wie ihr Blick offen ist, singen ihre Lieder direkt und unverstellt dem Angesungenen die Wahrheit ihrer Gefühle ins Gesicht. Da gibt es nicht einen Titel, der enttäuschen könnte, beginnend mit dem zauberhaften „engel“, mit ihrem subtil erotischen „tango“, der Wärme, die sie aus dem Wort „heimat“ saugt, dem Bekenntnis zum fatalen Irrtum der Trennung in „nimm mich zurück“ oder dem tränenschweren Abschied im „schlaflied“.

Anna Depenbusch verwöhnt mit ihren Liedern, ihrer Lyrik, ihrer Musik - das Lob gilt auch der fabelhaften Band, die sie dafür zusammengestellt hat - das Ohr, erobert das Herz, schenkt einen lange vorhaltenden Vorrat an Poesie und Gefühl. An diesem sehr sorgfältig und mit merkbarer Liebe gemachten Album stimmt bis hin zum Booklet, das alle Texte und erstklassige Fotos enthält, wirklich alles. Etwas Poetischeres ist seither nicht in die Plattenläden gekommen. Aktuell ist eine Sonderedition des Albums zu haben: „ins gesicht“ + CD/DVD mit drei akustischen Versionen des Titels „heimat“, dem neuen wunderschönen Stück „tag im Mai“ (wer hätte nicht schon einen solchen Tag erlebt?) und einem einfühlsam gefilmten und wohltuend geschnittenen Video zu „heimat“, Anna Depenbuschs Konzert- Standard. Kann ich vorbehaltlos empfehlen.

Anna Depenbusch – „ins gesicht“
© + (P) 2005 Rintintin Musik
Produziert von Anna Depenbusch
Anna Depenbusch (Gesang, Texte, Kompositionen, Flügel, Gläser, Pfeifen, Kalimba u.a.) - Martin Hornung ( Flügel) - Marcus Gnadt (Kontrabaß) - Johannes Wennrich (Gitarren) - Henning Brandt (Schlagwerk) - Taco von Hettinga (Orgel, Klarinette, Glockenspiel, Clavinet, Harmonika) - Kai Fischer (Fender Rhodes, Orgel)
Gäste: Boris Bachmann, Stefan Pintev (Violine) - Jan Larsen (Bratsche) - Fabian Diederichs (Cello) - Eine Kohlmeise (sie selbst)
 
Titel:
1. engel  3:24 - 2. tango  4:01 - 3. heimat  3:24 - 4. ins gesicht  4:32 - 5. strandgut  1:08 - 6. ausflug  3:37 - 7. nimm mich zurück  3:37 - 8. irrlicht  0:45 - 9. so laut  4:21 - 10. streichholz  1:26 - 11. leinen los  4:16 - 12. schlaflied  4:20
 
Gesamtzeit: 38:58

Weitere Informationen unter: www.anna-musik.de - www.bkw-net.de -
www.rintintinmusik.de