Die verulkte Braut

Bedrich Smetanas "Verkaufte Braut" am Theater Hof

von Alexander Hauer
Theater Hof
Die verkaufte Braut
 

Musikalische Leitung: Arn Goerke - Inszenierung: Mareike Zimmermann - Bühne: Thomas Dörfler - Kostüme: Barbara Schwarzenberger - Chor: Michel Roberge - Choreographie: Barbara Buser - Bilder von SFF Fotodesign Hof
Besetzung: Krušina: Thomas Rettensteiner - Ludmila: Annett Tsoungui - Marie: Ingrid Katzengruber
Micha: Karsten Schröter - Háta: Stefanie Rhaue - Wenzel: Thilo Andersson/Karsten Jesgarz - Hans: Chong Sun/Steffen Schantz - Kecal: Taras Konoshchenko
Opernchor Theater Hof - Ballett Theater Hof - Hofer Symphoniker
 

Smetana mit Hofer Zungenschlag?
Es gibt Opern, die sind so universell angelegt, daß sie jede Zeit- und Ortsverschiebung schadlos vertragen. Bedrich Smetanas „Braut“ gehört nicht dazu. Das Lokalkolorit, die Bräuche und die naiv-unschuldige Unwissenheit des Personals verlegen diese Oper eindeutig in die Kronländer des KuK Reiches. Mareike Zimmermann hat sich nun zusammen mit ihrem Dramaturgen Thomas Schmidt Ehrenberg die Mühe gemacht, eine Fassung zu erstellen, die ihren persönlichen Wünschen entsprach. Als erstes verlegte sie die Handlung aus dem Böhmischen in die 1930er Jahre Oberfrankens. Gottseidank verzichtete sie in diesem Fall auf die sonst so beliebten Fahnen und Uniformen dieser Zeit. Weiterhin ließ sie im Vorfeld der Premiere verlauten, daß sie ein besonderes Augenmerk auf die Figur des Wenzel legen würde.
 
Das übliche Kuddelmuddel

N
ach der grandios musizierten Ouvertüre hob sich der Vorhang. Man sah eine Dorfkirmes, der Namenszug einer ortsansässigen Brauerei prangte von Festzelt und Bierkästen. Der Chor mimte letzte Vorbereitungen auf die „Kerwa“, Dekorationen wurden angebracht, ein Glitzervorhang auf der Zeltbühne  ließ schon etwas Zirkusatmosphäre aufkommen. Marie liebt Hans, soll aber nach dem Willen ihres Vaters den Sohn des Großbauern Micha heiraten. Hans, ein mittelloser Knecht, ist seit längerem in die Dorfgemeinschaft integriert, doch kennt niemand seinen sozialen und familiären Hintergrund. Maries Mutter hat auch noch Bedenken, da bis jetzt der Bräutigam noch nicht erschienen ist. Heiratsvermittler Kecal versucht Hans durch Versprechungen und Drohungen auf den Verzicht auf Marie zu bewegen. Hans aber übertölpelt ihn und verkauft seine Braut für 300 Gulden und die Verpflichtung, das Marie nur den Sohn des Micha heiraten darf.

Klogespräche

A
uf dem Männerklo des Bierzeltes trifft Marie - was macht sie eigentlich da? - auf Wenzel, der seine Naivität und Angst vor dem Fremden dadurch ausdrückt, daß er sinnigerweise Klopapier abrollt.
Während der Dorfpfarrer und die restlichen Dorfbewohner lässig einen abstrullen, verwickelt Marie Wenzel in ein Gespräch. Seine Braut würde ihn hassen, seine Zukunft würde schrecklich und schließlich verzichtet der Naive auf Marie.
Maries Eltern sind glücklich über den Verzicht Hans‘ auf Marie, aber entsetzt, genau wie der Rest vom Dorf, daß er seine Braut verkauft habe.
Im dritten Akt nimmt Frau Zimmermann Wenzel auch noch die letzte Würde. Ohne Esmeralda, ohne Zirkusdirektor und auch ohne Bärenkostüm, dafür aber mit zwei Gestalten im Ringelanzug und Clownsmaske, Achtung! Lustig!, wird Wenzel im rosa Tutu und Bodybuilderjäckchen erst mal vorgeführt. Im Rausch erträumt er sich seine Zukunft, viele Maries und auch seine Mutter im großen Hexenhut erscheinen ihm im Traum. Erwacht will er die Marie gar nicht mehr haben.  Angetrunken wankt er im Schwarzeneggeranzug von der Szene.
Marie und Hans söhnen sich nach einem Streit wieder aus, Hans wird in seine alte Position als Erstgeborener Michas wieder eingesetzt und Muskelwenzel taucht wieder auf: “Habt keine Angst! Ich bin kein Bär! Ich bin der Wenzel!“, jetzt plötzlich doch Bär, o sancta Unlogica! Nachdem Hans‘ Stiefmutter eingesehen hat, daß Wenzel doch nicht zum Heiraten taugt, gibt es allgemeine Versöhnung und wir haben ein glückliches Paar.
Soweit die etwas andere Handlung der Hofer Braut. Ein weitere Opernbearbeitung, die die Welt nicht braucht. Zimmermann und Schmidt Ehrenberg, Thema verfehlt, setzen, Fünf!

Bleiben oder nicht bleiben...

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un stellt sich die Frage, warum der Rezensent dann doch bis zum Schluß blieb und nicht schon die Hofer Kantine zur Pause aufsuchte?
Neben dem handwerklich gut gemachten Bühnenbild von Thomas Dörfler, man roch förmlich den Bierdunst, aber leider auch die üblen Gerüche im zweiten Akt, und den schönen stimmigen Kostümen von Barbara Schwarzenberger gab es, wie ich es von „meinen“ Hofern gewohnt bin, überdurchschnittlich gute musikalische Leistungen. Arn Goerke setzte schon in der Ouvertüre Maßstäbe. Perfekter Klang bis in die kleinsten Triller bildete ein rauschhaftes Stimmungsbild. Ingrid Katzengruber und Chong Sun fanden nach anfänglichen Problemchen schnell zu ausgewogenen, höhensicheren Wohlklang. Karsten Schröter und Stefanie Rhaue gaben ein auch stimmlich elegantes Großbauernpaar, Thomas Rettenstein - mit herrlichen Stan Laurel-Attitüden und dem Mut zum Lächerlichen - und Annett Tsoungui die einfacheren Eltern Maries. Taras Konoshenko war ein stimmsicherer, aber kaum inszenierter und deshalb auch zu sympathischer Heiratsvermittler. Karsten Jesgarz machte das Beste aus den Regiewünschen, schaffte es mit sicher kraftvollem Tenor und überragenden Talent dem Wenzel letztendlich doch noch ein wenig Würde zu erhalten.

Michael Roberges Chor überzeugt, wie immer, auf höchster Ebene. Sangeslust und Spielfreudigkeit, die Bereitschaft des Einzelnen eine Persönlichkeit auf der Bühne darzustellen gelang in der Wirtshausschlägerei nach dem seltsamen Maßkrugchor, der an peinliche Auftritte des Männerballetts zu Karnevalszeiten erinnerte. Barbara Buser und ihre Balletttruppe bereicherten die „Inszenierung“ mit schönen Choreographien und ausgefeilter Tanzkunst.
Der Abend endete mit einem verdient freundlichen Applaus für Sänger, Tänzer und Orchester. Das Regieteam wurde mit frostigem Höflichkeitsbeifall bedacht.
 
Redaktion: Frank Becker