Alter Schwede!

Götz Alsmann - "Herrenabend"

von Frank Becker
Mit Cocktail und Paprika


Seit seinem ersten Flohmarktbesuch, hört man, sammelt Multitalent Götz Alsmann deutschsprachige Herrenmagazine aus den 40er- und 50er-Jahren. „Gondel“, „Neue Wiener Melange“, „Wiener Magazin“, „Paprika“ (Das Magazin für Optimisten), „Neues Magazin“, „Toxi“, „Smart“, „Cocktail“ oder „Figaro“ - diese kleinformatigen Heftchen waren zwar höchst anrüchig, aber keine gesetzwidrigen pornographischen Schriften, wenn auch meist unter dem Ladentisch gehandelt, nur heimlich gelesen und für Jugendliche natürlich streng verboten. Zwar fehlte ihnen das internationale Flair, das der amerikanische „Playboy“ ab 1953 in die Männerwelt trug, doch ihren ganz eigenen Pfiff und eine für die damaligen deutschen (und österreichischen) Verhältnisse gewagte erotische Komponente hatten sie schon.
 
„Hauspostille für den erwachsenen Lebemann“ nennt Alsmann diese Art Unterhaltungsmagazin für
Herren (übrigens schon das Wort „Magazin“ war seinerzeit schon äußerst anstößig!) in seinem Text zur CD, in denen die bunte Mischung von „Witzzeichnungen, Modetips, Starreportagen, Neuem vom Film, kulturkritischen Abhandlungen, Kurzgeschichten, Berichten aus der Welt des Jazz, Neuem von den Programmen deutscher Nachtlokale („Negertänzerin im Bagdad, Düsseldorf“) und immer wieder erstaunlich ungelenk posierende Mädchen in für die 40er- und 50er-Jahre frappierender Nacktheit“ schon etwas Besonderes auf dem Zeitschriftenmarkt darstellten. Die Herausgeber der Hefte selbst luden lieberal auch die Damen zur Lektüre ein. Es muß fraglich bleiben, ob sie ihre theoretischen Leserinnen wirklich erreicht haben.
 
Für einen Livemitschnitt im Theater am Tanzbrunnen Köln, aufgenommen am 13. März 2010, hat Götz Alsmann Texte aus Heften seiner Sammlung zusammengestellt und diese vor amüsiertem Publikum mitreißend, fast atemlos gelesen. Fita Benkhoff (ich empfehle, den Namen der sympathischen Künstlerin bei der nächsten Auflage des reizend illustrierten Begleitheftes richtig zu schreiben) wird zum Amüsement des Damen mit „Was ich von Herrenabenden halte“ zitiert. Viele damals wie heute namenlose Schreiber mit Artikeln über die (leichtfertige?) süße Französin und die kokette Pariserin, die  Angst vor der Liebe, mit einer amüsanten Erzählung über ein mysteriöses Aktfoto, einem Bericht über das Nachtleben in Frankfurt
(Main, selbstverständlich) weiteren kurzweiligen Geschichtchen und Berichten über den Jazz in Deutschland am Beispiel des „Gondel“-Jazz-Polls folgen. Alfred Baresel, Jazzkritiker der SZ, setzt sich mit dem von Joe Brown betreuten Jazz-Poll auseinander. Alsmann kommentiert das launig.
 
Was wäre solch ein kurzweiliges Album ohne die Zeitkolorit vermittelnde Götz Alsmann Band, die dank der Arrangements des Meisters der Unterhaltung einige wundervolle Stücke aus dem Musterbuch der damaligen Schlager- und Jazzwelt so elegant intoniert, als säße man 1950 mit in der Bar oder im Club. Die Titel sehen Sie unten, Kommentare erübrigen sich.
Götz Alsmanns „Herrenabend“, erfrischend ohne falschen sächsischen Genitiv geschrieben, empfiehlt sich durch gediegene Qualität und gehobene Unterhaltung. Dafür unsere höchste Auszeichnung: den Musenkuß“.
 
 
Götz Alsmann - „Herrenabend“
Hörbuch mit Musik über die Herrenmagazine der 50er Jahre

mit: Götz Alsmann (Lesung, Orgel), Altfrid Sicking (Vibraphon), Michael Müller (Baßgitarre), Rudi Marhold (Schlagzeug), Markus Paßlick (Congas, Bongos, Percussion)
 
Titel:
1. Fita Benkoff schreibt:Was ich von Herrenabenden halte (1:27) - 2. Dansero (2:40) - 3. Warum
Angst vor Liebe? (8:30) - 4. Perfidia (2:32) - 5. Ist die Französin leichtfertig? (6:01) - 6. C'est magnifique (3:13) - 7. Die Akt-Aufnahme (17:01) - 8. Der Wind hat mir ein Lied erzählt (2:45) - 9. Frankfurts Nachtleben-fast wie Paris! (2:58) - 10. Die Venus und der Möbelfabrikant (1:45) - 11. Die Beine von Dolores (2:40) - 12. Aufruf zum Gondel-Jazz-Poll (:48) - 13. Jazz in der Süddeutschen Zeitung (2:46) - 14. Jazz! (3:31) - 15. Jazz-Poll-Ergebnisse (:52) - 16. Caravan (2:35) - 17. Schlager-Wettbewerb (2:13) - 18. Der Paprika-Schlager (1:48) - 19. Kalte Duschen (10:06) - 20. Potpourri: Ich küsse ihre Hand,Madame/Kiss Me Honey Honey Kiss Me (2:41) - 21. Aus dem Tagebuch einer schönen Frau (2:26)

Gesamtzeit:  1:21:26



Weitere Informationen: www.roofmusic.de  und  www.goetz-alsmann.de/  
 
Illustrationen © bei den Urhebern / Archiv Musenblätter