Briefe eines "großen Unbekannten der deutschen Literatur"

Albert Vigoleis Thelen - "Meine Heimat bin ich selbst"

von Andreas Rehnolt
"Meine Heimat bin ich selbst"
 
Der Dumont-Verlag veröffentlicht Briefe (1929-1953)
des Schriftstellers Albert Vigoleis Thelen

 

Unter dem Titel "Meine Heimat bin ich selbst" hat der Dumont-Verlag Köln jetzt ein Buch herausgebracht, das Briefe des Schriftstellers Albert Vigoleis Thelen enthält, die dieser in den Jahren 1929 bis 1953 geschrieben hat. Der 1903 in Süchteln am Niederrhein geborene Thelen war Autor, Kritiker und Übersetzer. Sein Roman "Die Insel des zweiten Gesichts" gilt als eines der großen literarischen Werke des 20. Jahrhunderts und als Klassiker der Nachkriegsliteratur.
 
Thelen entpuppt auf vielen der 504 Seiten des Buches als geborener Erzähler. Manchmal schreibt er humorvoll, genauso oft schweift er vom Thema ab, entpuppt sich quasi als schreibender Phantast. Nicht selten beginnt er seinen Brief an Freunde, Verwandte, andere Autoren, Verleger oder Geldgeber im Autobiographischen und endet dann auf der fiktionalen Ebene. Viele seiner Briefe, die er auf Reisen in seine niederrheinische Heimat schickt, handeln zudem von Geldsorgen. Das Thema Geld und damit verbunden Sicherheit für seine Arbeit als Schriftsteller scheint Thelen immer beschäftigt zu haben. Er schreibt über seine lange Zeit auf Mallorca, über sein Leben im Exil, über Orts- und Wohnungswechsel, Begegnungen mit bekannten und unbekannten Zeitgenossen, persönliche Entwicklungen, Erfolge - und immer auch über Niederlagen, etwa wenn auch der x-te Versuch scheiterte, ein Manuskript oder einen Artikel bei einem Verlag oder einer Zeitung unterzubringen.

Oft sind die Briefe Thelens nur schwer erträglich. Er wiederholt sich häufig, widerspricht sich auch und ist ein ewiger Bittsteller. Noch dazu schiebt er Entscheidungen über Bücher immer wieder hinaus. Er zögert, zaudert und zweifelt an sich selbst, an seinen schriftstellerischen Fähigkeiten. So kündigt er über viele Jahre hinweg in Briefen an seine Familie, an Freunde oder Kollegen ein Buch über seine Reise-Erlebnisse an. Noch 1945 schreibt er: "Unglücklicherweise habe ich die ärgsten Hemmungen, mich selbst als den Mittelpunkt eines Buches erscheinen zu lassen." Dann endlich schreibt er das Buch "Die Insel des zweiten Gesichts", das ein Beststeller wird.

Bis zum Ausbruch des spanischen Bürgerkriegs 1936 lebte Thelen auf der Insel Mallorca. Dann floh er zunächst in die Schweiz. Nach Deutschland konnte er nicht zurück, da er sich von seinem spanischen Exil auf Mallorca aus offen gegen die Nationalsozialisten gestellt hatte. Schließlich fand er eine neue Heimat im Norden von Portugal bei Amaranta. Es ist der Schriftsteller Teixeira de Pascoaes, der Thelen und seine Schweizer Frau aufnimmt. Aus geplanten 6 Monaten werden schließlich fast acht Jahre. Erst 1947 siedelt Thelen nach Amsterdam über.
Dem jetzt erschienenen Band mit Briefen sollen nach Verlagsangaben zwei weitere folgen. Band 1 umreißt mit seinen Briefen nicht zuletzt auch die literarische Standortbestimmung des Autors Thelen. Die weiteren Brief-Bände werden die Zeit bis 1977 und die Jahre der Wiederentdeckung und der späten Veröffentlichungen behandeln.

Thelen starb, so der Verlag, als "der große Unbekannte der deutschen Literatur" 1989 in Dülken am Niederrhein. "Ich habe mich an meine Briefe verschwendet", heißt es in dem Band, der mit der ISBN-Nr: 978-3-8321-9559-5 für 45 Euro im Buchhandel erhältlich ist.

Weitere Informationen unter: www.dumont-buchverlag.de/