2 x Wien und zurück Impressionen einer Kurzreise Im vergangenen Jahr, anlässlich eines runden Geburtstages vor die Wahl gestellt, entweder die liebe Verwandtschaft abzufüttern oder gemeinsam mit meiner Frau eine Kurzreise nach Wien zu unternehmen, war Letzteres die eindeutig angenehmere Alternative. K.u.K Wurzeln Also besann ich mich meiner k.u.k.-österreichischen Wurzeln – mein Großvater väterlicherseits stammte aus Böhmen als dieses noch bei Österreich war – auch erinnerte ich mich an euphorische Berichte von Freunden über einen Trip nach Wien und deren Faszination von der Metropole an der Donau. Den nervigen Stress einer Auto-Fahrt in die Hauptstadt der Alpenrepublik wollten wir uns nicht antun, und der Flieger hat stets so etwas Geschäftsmäßiges. So nahmen wir denn von Wuppertal aus die Bahn, mit Umsteigen in Köln und Frankfurt am Main. Eine gute Entscheidung, zumal die Frühlingssonne vom Himmel lachte. Solch eine längere Reise mit dem Zug nach Wien bot nicht nur einen Hauch Nostalgie, sie versetzte uns Reisende schon in den Stunden der Fahrt durch die deutschen und österreichischen Lande in ein stimmungsvolles Erwarten. Mit dem Wissen eines reich bebilderten Reiseführers im Kopf und einem gut lesbaren Stadtplan in der Hand gingen wir auf Erkundungstour. Wir hatten knapp fünf Tage, da galt es touristische Akzente zu setzen, um nicht am überquellenden Angebot von Musentempeln, Schlössern, Bauten, Plätzen, und Straßen zu verzweifeln. Garni in "Mitte" Da wir als Herberge ein Garni-Hotel gewählt hatten, suchten und fanden wir auf der Landstraßer Hauptstraße 28, gleich in der Nähe der U-Bahnstation Wien Mitte, mit der „Weissgerber Stube“ ein uriges Lokal mit bezahlbaren Preisen - typische Wiener Küche, süffige offene Weine und trinkbare
Auffällig war für uns, dass Wien mit seinen 1,6 Millionen Einwohnern, nicht nur über ein gut geschnittenes U-Bahn-, Bus- und Tram-Netz verfügt, sondern auch touristenfreundliche Fahrkarten anbietet. Wir nutzten 2-Viertageskarten für zusammen 24 € und konnten so an 4 Tagen rund um die Uhr alle hauptstädtischen Verkehrsmittel nutzen. Natürlich begannen wir unser Programm mit dem Stephansdom, beeindruckend in seiner monumentalen Erhabenheit. Aber er war vollgestopft mit Touristen, denn das Wetter war umgeschlagen und es schüttete wie aus Kübeln. An diesem Tag war der Dom wahrlich kein Platz der Besinnung und religiöser Einkehr. Und doch bleibt das mächtige Langhaus mit seinem Dämmerlicht, den reich profilierten Pfeilern und der in höchster Steinmetz-Kunst ausgeführten Kanzel nicht nur für Christenmenschen ein tief bewegendes Erlebnis. Der Dom habe den schönsten Kirchturm der deutschen Gotik, so eine Stadtwerbe-Schrift, auch das mächtige Satteldach mit den farbig glasierten Ziegeln sei einmalig in Europa. Mieses Wetter - na und? Vom miesen Wetter ließen wir uns Wien nicht verleiden, gab es doch so viel zu erlaufen und zu erschauen. – Was hatte es doch 1990 für einen Skandal gegeben und wieviel „ Schmäh“ fand sich in
Leopold-Sammlung Dem Sammler Rudolf Leopold, vermögend und besessen, ist für seine fulminanten Schätze österreichischer Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts ein adäquates Gebäude geschaffen worden. Der mächtige kalksteinweiße Würfel, der sein Licht über einen weiträumigen Zentralschacht durch alle Stockwerke hindurch erhält, bietet 5.400 qm Ausstellungsfläche. Die funktional strukturierten Räume mit großen, schmalen, steglosen Fenstern, die von der Decke bis zum Boden reichen, ermöglichen eine Ausstellungspräsentation von großer Klarheit verbunden mit einer sonst nicht üblichen Lichtregie.
Grafik-Sammlung der Albertina Die Grafiksammlung der Wiener Albertina umfasst rund 80.000 (!) Zeichnungen und über eine Million Blätter Druckgrafik. Natürlich ist beispielsweise der einzigartige Dürerbestand – Feldhase, Betende Hände, Großes Gartenstück – nie öffentlich zu sehen. Man bekommt diese Werke und andere Blätter auch nicht auf Nachfrage vorgelegt. All das bis dato Gesehene und Genossene wurde durch ein „Erlebnis der besonderen Art“ in den Schatten gestellt. Wir hatten im Kartenvorverkaufs-Service die definitiv letzten (!) beiden Karten für
Aber, und das muss noch angemerkt werden, Wuppertals Historische Stadthalle steht in akustischer Hinsicht dem Saal des Musikvereins kaum nach. Aber Wiens Musikverein hat eben europäisches Renommee, damit müssen wir hier im Bergischen halt leben. 1. Mai – endlich Sonne pur! Wir wollten am monströsen Parlament vorbei in Richtung Rathaus und Burgtheater spazieren. Aber wir gerieten in die Mai-Demo der SPÖ und der Gewerkschaften. Viel „Rot“, aber selbst die Blasmusik hatte etwas „Wienerisch Leichtes“. Die sich überschlagenden Stimmen der Redner auf dem Rathausplatz kamen uns bekannt vor – wie üblich bei solchen Anlässen waren die anderen die Bösen. Hier eben waren die damals noch allein regierenden Konservativen unter Kanzler Schüssel an allen Misslichkeiten schuld. Ein Satz ist mir im Ohr geblieben, als davon gesprochen wurde, dass eine Million Österreicher nicht etwa arbeitslos seien, sondern in artfremden Berufen arbeiten müssten, was doch ein großes Übel sei. Diese Sorgen sollten unsere Regierenden in Berlin mal haben! Ansonsten wurde die gewerkschaftseigene Bank, die gerade eine Milliarde Euro in den karibischen Sand gesetzt hatte, gesund gebetet. In den Tagen zuvor hatten die kleinen Sparer zu Hunderten die Bankfilialen gestürmt, um ihre Spareinlagen abzuheben – über 500 Mio. € mussten von der Gewerkschaftsbank innerhalb weniger Stunden ausgezahlt werden. Wiener Kaffeehaus-Kultur Da wir weder das Café Demel noch das Sacher frequentiert hatten - zuviel Touristenrummel – tranken wir unseren Melange (Kaffee mit Milch gestreckt) im Café Central. Das berühmte Literatencafé im
Als musikliebende Deutsche wollten wir unbedingt auf dem weltbekannten Wiener Zentralfriedhof die Ehrengräber bzw. Grabstellen von Mozart, Beethoven, Schubert und Brahms besuchen. Und so zuckelten wir mit der berühmten Tram-Linie 71 (echte Holzklasse!) zum Tor 2 des weitläufigen Friedhofs. Diese Kurzreise nach Wien konnte für uns nur eine erste Stippvisite sein – mit dem kleinen 8- Millionen-Volk der Österreicher verbindet uns zum Glück mehr als nur verloren gegangene Kriege. Wer wollte die Trennlinie zwischen deutscher und österreichischer Kulturtradition ziehen? Wer wollte feststellen, wessen Anteil an christlich-abendländischer und jüdisch-europäischer Kultur- und Zivilisationsgeschichte der größere sei? Und so blieb uns Reisenden nur die Einsicht, dass wir gerade begonnen hatten, Österreichs Hauptstadt und deren wienerische Lebensart ein kleinwenig kennen gelernt zu haben - übrigens so ganz ohne „Wiener Schmäh“. Nirgends hatten wir den Eindruck, die ungeliebten „Piefkes“ zu sein. |