Vila Bled
Der diskrete Charme der sozialistischen Bourgeoisie Ein Rückblick und Ausblick Sie ist ganz sicher eins der ungewöhnlicheren Hotels in Mitteleuropa, diese noble Herberge am romantischen Bleder See im nordwestlichsten Winkel der jetzt auch von der europäischen Krise erfaßten Republik Slowenien. Der Staub der jugoslawischen Geschichte sitzt noch immer hinter den Tapeten und den Marmorpaneelen, die - sorgfältig gepflegt und poliert - von großer Zeit künden. Etwas abgesetzt vom Getriebe des geschäftigen Kurortes Bled mit seinen großen Kur- und Luxushotels und Pensionen - in der bei abnehmender Einwohnerzahl heute nur noch knapp 9.000 Einwohner zählenden Gemeinde - hält die „Vila Bled“ vornehm Distanz. Eine historische Distanz, die in der Vergangenheit dafür sorgte, daß Herzöge, Könige, exotische Potentaten und sozialistische Staatsführer hier Ruhe, gute Luft und erlesenen Komfort genießen konnten. Der Platz ist mit Bedacht gewählt worden, seine Lage berückend wie je zuvor.
Geschichte und Geschichten
Schon zur Zeit der österreich-ungarischen Donaumonarchie errichtete 1883-85 der Herzog/Prinz Ernst Sozialisten und Potentaten
Viele Geschichten und Anekdoten ranken sich um das Haus, das vor allem während der Regierungszeit Titos, der noch heute hier jedem Kind bekannt ist, zum Treffpunkt einer auf eigenwillige Art schillernden und heute längst versunkenen Welt gewesen ist. Viele davon kann Bleds Bürgermeister Janez Fajfar erzählen. Die Führer der befreundeten Ostblock-Staaten und der so genannten blockfreien Staatengaben sich zwischen 1947 und 1979 den messingnen Türgriff in die Hand. Die mündlich überlieferte Chronik nennt so respektable und legendäre Männer und Frauen wie den äthiopischen Kaiser Haile Selassie, den sowjetischen Kreml-Chef Nikita Chrustschow, den ersten Sozialisten an der Spitze Ägyptens, Gamal Abdel Nasser, die indischen Präsidenten Pandith Nehru und Indira Gandhi, sowie den jordanischen König Hussein und den japanischen Thronfolger Akihito. Von seiner Frau wird berichtet, daß man nie ihre Schritte gehört habe, lediglich das Rauschen ihrer Brokatgewänder.
Verbürgt ist auch ein peinlicher Zwischenfall beim Besuch von Raoul Castro, dem Bruder des kubanischen Diktators. Zu seinen Ehren spielten und sangen slowenische Musiker fröhlich das kubanische Lied „Quando salide Cuba“, das Castro erbleichen ließ - es war im sozialistischen Kuba als staatsfeindlich verboten. Die blumenreiche Entschuldigung der erschrockenen Musiker, die es doch gut gemeint hatten, besänftigte den Gast - und er lud sie für 14 Tage auf die Zuckerinsel ein. Auch unrühmliche Zeitgenossen, wie Kenneth Kaunda, Präsident von Sambia, Jean-Bédel Bokassa, der blutige Schlächter und selbst ernannte Kaiser von Zentralafrika und der nordkoreanische Diktator Kim Il Sung logierten in der „Vila Bled“. Die jüngere Zeit fiel ziviler und durchaus gemischt aus: Prince Charles und Princess Diana waren ebenso hier, wie Laura Bush, Monica Lewinski und der Schauspieler William Hurt („The Frequent Traveller“).
Wäre nach Titos Tod nicht der Vielvölkerstaat Jugoslawien zerfallen, vielleicht würden noch heute Staatsgäste in der Idylle verschnaufen und das Gebimmel der Wunschglocke von der Wallfahrtskapelle auf der Marieninsel hören. So aber ist aus dem staatlichen Gästehaus ein Hotel geworden, das Ruhe suchende Individualreisende - viele von ihnen schon seit der Unabhängigkeit Sloweniens 1990 Stammgäste, welche die familiäre Atmosphäre des historischen Hauses zu schätzen wissen. Das ist nicht zuletzt seinem siebensprachigen früheren Direktor Janez Fajfar (57), seit 2006 Bürgermeister von Bled zu verdanken, der als humorvolles Bleder „Urgestein“ mit Ort und Geschichte verwachsen ist und aus eigenem Wissen voller Erzählungen steckt. 1984 zunächst als Empfangschef verpflichtet, übernahm er bereits 1987 die Direktion und führte das Haus aus der Vergessenheit in die exklusive Gemeinschaft der
Der diskrete Charme der sozialistischen Bourgeoisie
Schon die annähernd 100 m lange prächtige Auffahrt durch den 5 ha großen Park vermittelt ein Gefühl des Besonderen. Das setzt sich in der Eingangshalle, den Fluren und Treppenhäusern fort, die mit schwarzem und beige-farbenem dalmatinischen Marmor - übrigens dem selben, der für das Weiße Haus in Washington verwendet wurde - und schweren Ledersesseln ausgestattet ist. Flache Stufen führen über großzügige, marmorverkleidete Treppenaufgänge zu den drei Obergeschossen, in denen sich die 20 beeindruckenden Suiten von erlesener Pracht und 10 eher bescheidenen Doppelzimmer befinden. Wo bei den Suiten (die Präsidenten-Suite ist immer gebucht) die relativ hohen Preise unbedingt angemessen erscheinen, erfüllten anfangs die einfachen Doppelzimmer nicht die Erwartungen eines
Der Park mit uraltem Baumbestand aus Zedern, Kiefern, Lärchen, Buchen, dem seltenen Fackel-Baum, der montenegrinischen Omorika und üppigen Rhododendron-Stäuchern beherbergt 38 Vogelarten, darunter eine Eulenfamilie. Ein eigener Badesteg, vom Hotelgrund aus zugänglich und zwei Ruderboote verbinden mit dem im Sommer 21 Grad Celsius warmen See, auf dem Motorboote verboten sind. Für die Autoreisenden sind ausreichend Parkplätze vorhanden, für Geschäftsreisende gibt es in Titos früherem Arbeitszimmer auf seinem Schreibtisch nun einen PC mit Internet-Zugang,
Bled: Perle Sloweniens - Gäste aus aller Welt Das Restaurant mit solider und moderner Küche serviert Lunch und Dinner a la carte, bei schönem Wetter unter den pittoresken Arkaden im Freien mit herrlichem Blick über den See zur Marieninsel und zur trutzigen Burg auf dem schroffen Felsen gegenüber, während der Hauspianist noch vor ein paar Jahren sein abendliches Programm mit Erroll Garners „Misty“ begann. 30 dienstbare Geister, vom Zimmermädchen über den Kellner bis zum Empfangschef bemühen sich vorbildlich um das Wohl des Gastes. Das Publikum ist international: Deutsche, Engländer, Italiener und Österreicher stellen den Hauptanteil, ein amerikanischer Gast aus Minnesota, geboren in der Umgebung von Bled, verbringt das komplette Sommerhalbjahr dort und bringt seinen Cadillac mit, die oberste Richterin von Guernsey kommt ebenso regelmäßig zur Erholung wie zwei nette Ladies von der kleinsten Kanalinsel Sark.
Nach großen Renovierungen unter Maßgabe des Denkmalsschutzes wurden vor einigen Jahren Sessel und Stühle aufgepolstert, das häßliche und verbrauchte Mobiliar der späten 70er Jahre in den Doppelzimmern durch dem Stil des Hauses angepaßte Einrichtungen ersetzt, die Fassade saniert. Das Ambiente der Luxus-sozialistischen 50er blieb glücklicherweise erhalten. Eine Konzession an die Standards moderner Hotelanlagen sind ein luxuriöser Wellness-Bereich und für Gourmets die internationale Küche des Sternekochs Andrej Kuhar geworden.
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