Tagesübel

Aus dem Grimmaischen Wochen- und Anzeige-Blatt 1834

von Ferdinand Philippi

Honoré Daumier fec.
Tagesübel

Es giebt kleine Unannehmlichkeiten im Leben, die uns mehr als wirkliches Leid zu prickeln und in Mißstimmung zu versetzen im Stande sind. Zu diesen Tagesübeln gehören vornehmlich folgende Beispiele:
1) Wenn man seinen Rock aufhängen will und der Henkel reißt.
2) Wenn man schnell vorübereilen will und es wird eben ein Wagen aus der Hausthür herausgezogen.
3) Wenn sich Zwei begegnen und Jeder auf gleicher Seite ausweichen will.
4) Wenn eine Frau mit einem Tragekorbe vor Einem die schmale Treppe hinaufgeht.
5) Wenn zwei aus Artigkeit zugleich etwas vom Boden aufheben wollen und sich die Köpfe zusammenstoßen.
6) Wenn man sich höflich empfiehlt und an der Thür stolpert oder an Etwas hängen bleibt.
7) Wenn man das Licht putzen will und es auslöscht.
8) Wenn man gern niesen möchte und es nicht kann.
9) Wenn beim Siegeln das Lack tropft, ehe man´s auf den Brief bringt.
10) Wenn man Etwas aufhebt und dabei etwas Anderes fallen läßt.
11) Wenn beim Aufstehen die Pantoffeln gegen das Bett zielen und man entweder sich oder die Pantoffeln umdrehen muß, um hinein zu kommen.
12) Wenn man vor einer Dame graçieus vorübergehen will und man stolpert.
13) WEnn man eine Dame grüßt und sie bemerkt es nicht.
14) Wenn man sich Feuer machen will und die Schwefelhölzchen Einem den Dienst versagen.
15) Wenn man bei Jemand zur Tafel geladen, den Schnupfen hat und das Schnupftuch zu Haus gelassen hat.
16) Wenn man bei der Tafel das vor sich stehende volle Weinglas umwirft.
17) Wenn man Messer oder Gabel auf das Kleid seiner Tischnachbarin fallen läßt.
18) Wenn man mit der Pfeife zum Fenster hinaussieht, und Kopf, Rohr und Abguß auf die Straße fallen und man nur die Spitze im Munde behält.


Verantwortlicher Redacteur: Ferd. Philippi